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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Rente

Bielefeld (ots)

Endlich steigen die Renten wieder! Bis zum Jahr 2016 sollen es acht Prozent in Westdeutschland sein. Erfreuliche Nachrichten? Ja, aber nur auf den ersten Blick, bei genauerer Betrachtung macht sich Ernüchterung breit. Denn unterm Strich gleicht das avisierte Rentenplus in den nächsten vier Jahren nicht viel mehr als die Inflationsrate aus, die gegenwärtig bei zwei Prozent pendelt. Immerhin, so werden Optimisten sagen, bleibt die reale Kaufkraft der 20 Millionen Rentner erhalten. Aber, so werden Pessimisten einwenden, wird bei einer höheren Teuerungsrate die Kaufkraft sinken - wie bereits in der Vergangenheit. Dem Sozialverband Deutschland zufolge hat es seit 2004 einen Renten-Kaufkraftverlust von gut zehn Prozent gegeben. »Angesichts dieser Abwärtsspirale ist vor verfrühtem Applaus zu warnen«, sagt dessen Präsident Adolf Bauer. Tatsächlich weiß niemand, ob es als Folge der Staatsschuldenkrise nicht schon bald zu einer deutlich höheren Inflation kommt. Dann würde aus dem kleinen Plus doch ein reales Minus! Doch mehr als die acht Prozent bis 2016 sind nicht drin! Die Rentenformel, der auch die Entwicklung der Bruttolöhne zugrunde liegt, gibt nicht mehr her. Angesichts der Stärke der deutschen Wirtschaft mit Exportrekorden und Jobwunder mag man dies als erschreckend bezeichnen. Man könnte aber auch sagen: Das deutsche Rentensystem ist ineffizient. Ein Blick auf die demographische Entwicklung macht deutlich, woran das System krankt: Damals sorgten sieben(!) Arbeitnehmer für die Rente eines Ruheständlers. Im Jahr 2050 werden es nur noch zwei(!) Beschäftigte sein, die auf einen Rentner kommen. So kann der Generationenvertrag nicht funktionieren. Die Politik hat nach der Einführung der Rente mit 67, die genau diesem Älterwerden der Gesellschaft geschuldet ist, immer noch kein Gesamtkonzept zur Zukunft der Rente zu bieten. Stattdessen wird an Stellschrauben gedreht. CDU, SPD und Grüne versuchen mit Mindest- oder Solidarrenten bei den Wählern zu punkten. Das alles kostet Milliarden, die künftige Arbeitnehmer über höhere Rentenbeiträge finanzieren müssen. Der große Wurf in der Rentenfrage ist das nicht. Im Gegenteil: Die Politik hat sich zuletzt zu sehr mit der Eurorettung befasst und dabei drängende innenpolitische Themen, wozu auch eine nachhaltige Finanzierung der Rente gehört, vernachlässigt. Dieses Versäumnis wiegt schwer. Auch weil sich die private Vorsorge schwierig gestaltet. Viele Lebensversicherungen etwa schütten nicht mehr die Beträge aus, die sich die Versicherten einst erhofft hatten. Geld, mit dem viele vielleicht kalkuliert haben. So macht es neben dem demographischen Wandel auch die drohende Altersarmut zwingend erforderlich, die Debatte größer anzulegen als bisher. Politik, Wirtschaft, Sozialverbände - hier alle sind gefordert. Die Rente ist ein Thema für Alt und Jung.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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