Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den USA und Syrien
Bielefeld (ots)
Die USA streben unverkennbar eine aktivere Rolle in Syrien an. Der seit den Wahlen im November vorsichtig eingeleitete Kurswechsel führte inzwischen zur Warnung Barack Obamas an die syrische Führung vor einem Eingreifen der USA. Falls sich der Einsatz von Chemiewaffen bestätigte, werde nach anderen Regeln gehandelt. Der Präsident sprach vom »Game Changer«. Die starken Worte lassen aufhorchen. Zusätzliches Gewicht erhalten sie durch Informationen über Einsatzpläne des Pentagon zur Sicherung der syrischen Giftgas-Bestände. Diese lagern größtenteils in Bunkern nahe der jordanischen Grenze. US-Spezialeinheiten bereiten sich darauf vor, im Krisenfall die Lager zu sichern. Das Thema dürfte bei Gesprächen mit dem jordanischen König Abdullah ganz oben auf der Liste gestanden haben. Wie es auch kein Zufall war, dass Obama den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vergangene Woche davon überzeugte, sich bei der Türkei für den Sturm eines Frachters mit Hilfsgütern für den Gaza-Streifen zu entschuldigen. Der Blick auf die Karte verrät warum. Jordanien, Israel und die Türkei teilen eine Grenze mit Syrien und haben ein elementares Interesse daran, an einem Strang zu ziehen. Die USA arbeiteten zuletzt mit einigem Erfolg daran, den Diktator in Damaskus diplomatisch einzukreisen. Ironischer Weise stellt sich allein die irakische Führung stur. US-Außenminister John Kerry schaffte es nicht, Regierungschef Nuri al-Maliki die Zusage abzuringen, den Transport iranischer Waffen für Syrien durch den irakischen Luftraum zu unterbinden. Stattdessen macht der Schiit Maliki kein Hehl aus seiner Unterstützung für Bashir al-Assad, den er als Bollwerk gegen die Sunniten sieht. Die USA schauen in Syrien nicht untätig zu. Ex-CIA-Chef David Petraeus organisierte zuletzt eine geheime Luftbrücke, zur Aufrüstung des syrischen Widerstands. Offiziell ziert man sich, aber der US-Geheimdienst zieht seit Monaten die Fäden. Das Doppelspiel verschafft Manövrierraum, während es gleichzeitig US-Sicherheitsinteressen wahrt. Allein schon um nach einem Sturz des syrischen Diktators eine relevante Kraft zu bleiben, dürfen die Amerikaner jetzt nicht bloß am Spielfeldrand stehen. Der Sinneswandel basiert auch auf Erkenntnissen der Geheimdienste, die vor einer Dominanz El-Kaida-naher Gruppen in Syrien warnen. Es liegt nicht im Interesse der USA, Waffen in die Hände von Terroristen fallen zu lassen. Diese sind längst die am besten bewaffneten Oppositionskämpfer. Eine Stärkung der moderaten und säkularen Kräfte schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie schwächt Assad und begrenzt die Rolle der El Kaida. Einkreisung durch die Nachbarn und Aufrüstung der Rebellen ist kein Appeasement, sondern eine Formel, die den Sturz des Regimes von innen beschleunigt. Die Erfahrung in Irak hat alle klüger gemacht.
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