Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Denkmalschutz
Bielefeld (ots)
»Wenn die Brücken, wenn die Bogen / Von der Steppe aufgesogen, / Wenn die Burg im Sand verrinnt« - so beginnt ein Gedicht von Gottfried Benn, in dem er an den Endpunkt unserer Kultur schaut. Ein Blick in die Zukunft und ein stolzer dazu: »Wenn die Mauern niederbrechen, / Werden noch die Trümmer sprechen / Von dem großen Abendland« heißt es am Schluss. Eines aber hat sich Benn wohl nicht vorstellen können: dass, obwohl die Kultur munter weiterpulst, die Burg schon jetzt zu bröckeln beginnt.
Mit dem Etat 2013 hat Nordrhein-Westfalens rot-grüne Regierung eine kulturpolitische Bankrotterklärung abgegeben. Düsseldorf fährt seine Hilfe von ohnehin blamablen zwölf Millionen Euro des Jahres 2012 auf Null im Jahr 2015 herunter. Mit verheerenden Folgen, wie das Beispiel der Falkenburg exemplarisch zeigt. Seit 2005 wird an der Wiege des lippischen Fürstentums gegraben, um die Frühzeit jener geschichtsträchtigen Region zu erhellen. Bis 2015 sollten die archäologischen Forschungen dauern, jetzt aber werden die Experten wohl Ende 2013 abrücken müssen. Nur die Oberburg konnte untersucht werden, ein paar eilige Grabungen noch an der Unterburg - und Schluss.
Der Zynismus der rot-grünen Landesregierung offenbart sich besonders vor dem Hintergrund der Aktion/Ausstellung »Unser Denkmal - wir machen mit«. Dort wird das ehrenamtliche Engagement der Bürger und Heimatvereine gewürdigt, ohne das kein Denkmal ins nächste Jahrhundert hinübergerettet werden könnte. Vor nicht einmal vier Wochen fand Düsseldorf viele lobende Worte - und drehte im gleichen Atemzug kaltlächelnd den Hahn zu.
Sobald aber Düsseldorf knausert, gibt auch Berlin nichts mehr, das oft die Hälfte der Fördersummen spendiert hat. Zum bösen Ende muss der Eigentümer ohnmächtig zusehen, wie er mit seinen eigenen Talern wenigstens die größten Löcher stopft. Und die Burg verrinnt im Sand . . .
Dabei hat die Falkenburg noch gewisse Möglichkeiten: Die eindrucksvolle Ruine bei Detmold zieht tausende Besucher an, sie hängt am touristischen Tropf. Einige der Großen unter den Denkmälern könnten auch versuchen, in den Topf mit der Städtebauförderung zu greifen - Corvey beispielsweise dürfte damit liebäugeln. Die stille Waldkapelle hingegen und die wackelige Fachwerkscheune haben »keine Überlebenschance«, fürchtet Markus Harzenetter, Landeskonservator des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe. Nur die Stärksten überleben: Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« hat das unlängst als Denkmaldarwinismus gebrandmarkt.
Vor Tische las man's anders: Im Katalog ihrer Wahlversprechen und im Koalitionsvertrag listete die NRW-SPD die Erhaltung der regionalen Kultur weit oben auf. Ebenso die Hilfe für das heimische Handwerk, das in erklecklichem Umfang von Aufträgen in der Denkmalpflege profitiert.
Spätestens jetzt sieht jeder: Es war alles nur Geschwätz . . .
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