Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Agenturen für Arbeit
Bielefeld (ots)
Schon bemerkt? Es ist sowohl Wahlkampf als auch Sommerloch, und trotzdem fordert derzeit niemand die Abschaffung der Arbeitsagenturen. Noch nicht einmal die FDP. Vor acht bis zehn Jahren war das anders. Da setzte sich Guido Westerwelle, damals FDP-Vorsitzender, lautstark die Auflösung der Bundesagentur ein, die damals noch Bundesanstalt hieß. Die Agenturen vor Ort nannten sich »Ämter«. Inzwischen hat sich nicht nur der Name geändert. Die Agentur hat die Zeit genutzt, um den Staub der früheren Sozialbehörde größtenteils abzuschütteln. Dabei kommt ihr natürlich die Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes entgegen. Obwohl die Wirtschaftskrise das deutsche Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 2008 und 2009 um 6.7 Prozent gedrückt hat, blieb die Arbeitslosenquote stabil. Sie hat sich sogar noch um einen Zehntel Prozentpunkt verbessert. In Frankreich ging die Wirtschaftsleistung nur um 3,5 Prozent zurück; die Arbeitslosenquote aber erhöhte sich um 2,4 Prozentpunkte. Ähnlich Großbritannien: Das Bruttoinlandsprodukt sank um 6,0 Prozent, die Quote stieg um 2,7 Prozentpunkte. Besonders negativ ist die Bilanz der USA, Mit einem Minus von 3,8 Prozent hielten sich die Vereinigten Staaten deutlich besser als die deutsche Wirtschaft. Trotzdem kletterte die Arbeitslosenquote um 5,0 Prozentpunkte. Sicher, an diesem Erfolg waren viele beteiligt. Die Politiker mit der schnellen Einführung der erleichterten Kurzarbeitsregelung, den Investitionsprogrammen bis hin - allen Kritikern und Spätfolgen zum Trotz - auch zur Auto-Abwrackprämie. Die Unternehmen hatten ihren Anteil, weil sie im Gegensatz zu früheren Krisen ihre Belegschaften nicht reduzierten, sondern zu ihrem Fachpersonal standen. Nicht zuletzt ist die positive Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes aber auch ein Erfolg der Agentur für Arbeit. Sie hatte gespart und 17 Milliarden Euro zur Seite gelegt. Damit konnte sie im entscheidenden Moment die Beiträge senken. Der Umbau der Arbeitsagenturen muss weitergehen. Künftig wird sich der Schwerpunkt von der Stellensuche für Arbeitslose auf die Suche nach geeignetem Personal für freie Stellen verschieben. Es wird kein totaler Schwenk sein und auf längere Zeit nur einen Teil der Berufe umfassen. Außerdem wächst angesichts der immer noch größer werdenden gegenseitigen Abhängigkeit der Weltmärkte die Gefahr kurzfristiger Störungen. Dann sind wieder schnelle Entscheidungen gefragt, so wie 2008. Doch bei aller Freude wäre es unfair, die Langzeitarbeitslosen einfach links liegen zu lassen. Ihre Vermittlung bleibt eine schwierige Aufgabe, für die es viel und gutes Personal braucht. So viel sozialen Anspruch aber muss eine wohlhabende Gesellschaft wie die deutsche schon an sich selbst stellen. Faulenzer? Schmarotzer? Ja, sie gibt es. Doch sind die wenigsten auf einem Weg, der auch mit viel Engagement nicht mehr umgedreht werden könnte.
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