Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Vorwahlen in den USA
Bielefeld (ots)
Die völlig unerwartete Schlappe des Fraktionsführers der Republikaner im Kongress, Eric Cantor, bei den Vorwahlen löst bei den US-Konservativen ein politisches Erdbeben aus. Die Entmachtung des als »Mister No« bekannten Hardliners durch einen Tea-Party-Herausforderer beendet mit einem Schlag die Spekulationen über das Ende der populistischen Bewegung.
Die Idee der Tea-Party-Dämmerung war ohnehin mehr Wunschdenken, das moderate Konservative propagierten, die sich angesichts der demographischen Realitäten um die Mehrheitsfähigkeit der Republikaner sorgen. Mit der tatkräftigen Unterstützung reicher Sponsoren aus der Wirtschaft versuchen sie die Partei zurück auf einen Kurs zu bringen, für den Mitte-Rechts-Politiker der alten Schule wie George Bush Senior oder Jim Baker gestanden haben. Die Erfolge weniger radikaler Kandidaten bei den ersten Vorwahlen des Jahres beflügelte die Hoffnung, der Tea-Party-Spuk in den USA sei vorbei. Viele Analysten übersahen dabei, wie weit das Gedankengut der Rechtspopulisten in der Partei Einzug gehalten hat. Cantor verkörperte mit seiner Blockadepolitik im Kongress wie niemand sonst in der Führung die destruktive Radikalität der weit an den Rand gerückten Partei.
Zur Erinnerung: Der Fraktionsführer verhinderte zwei Mal umfassende Haushaltskompromisse, mit denen Republikaner-Fraktionschef John Boehner und Präsident Barack Obama die Staatsfinanzen sanieren wollten. Er riskierte mit seiner Fundamentalopposition den Bankrott der Supermacht, will die allgemeine Krankenversicherung abschaffen, stand der umfassenden Reform der Einwanderung im Weg, verhinderte nach dem Massaker von Newtown neue Waffengesetze und möchte Guantanamo bis zum jüngsten Tag offen halten.
Dass der Hardliner an der Spitze der Fraktion nun von jemandem entmachtet wird, der noch weiter rechts steht, stürzt die Partei in einen neuen Richtungsstreit. Und führt unmittelbar zu einer Führungskrise. Boehner repräsentiert die Tea-Party noch weniger als Cantor. Er ist jetzt erst recht ein General ohne Truppen und muss um seinen Job bangen.
Die Demokraten dürften entzückt sein über das politische Geschenk im Wahljahr. Je extremer die Kandidaten der Konkurrenz, desto besser die Aussichten der eigenen Bewerber. Während die Vorwahlen durch die Aktivisten an den Rändern bestimmt werden, lassen sich allgemeine Wahlen in den USA nur in der Mitte gewinnen. Ob das Erdbeben reicht, den Republikanern die vollständige Kontrolle im Herbst zu verweigern, bleibt abzuwarten.
Sicher aber scheint, dass sie mit ihrer rabiaten Einwanderer- und Gesellschaftspolitik keine Chance haben werden, 2016 bei den Präsidentschaftswahlen etwas zu bestellen. Ohne Stimmen der Latinos und Frauen wird das nicht gehen. Schon gar nicht, wenn Hillary Clinton für die Demokraten ins Rennen geht.
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