Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur EZB
Bielefeld (ots)
Das ist keine gute Nachricht! Weder für den Steuerzahler in Deutschland, noch für den Sparer oder den Unternehmer. Die Europäische Zentralbank (EZB) will bis September 2016 Monat für Monat 60 Milliarden Euro in Staatsanleihen zu stecken. Das sind etwa 1,1 Billionen Euro - eine Summe, die fast dem Vierfachen des deutschen Staatshaushalts entspricht. Ökonomen hatten im Schnitt mit etwa der Hälfte gerechnet. Damit hat EZB-Chef Mario Draghi wie erwartet die geldpolitische Bombe gezündet. Mit dem vielen Geld will der Italiener die Inflationsrate im Euroraum, die zuletzt auf 0,2 Prozent gefallen ist, in Richtung zwei Prozent bewegen. Ob das Vorhaben gelingt, also die Preise tatsächlich steigen und die Wirtschaft auch in Südeuropa anspringt - das alles ist völlig offen. Konkreter sind die Risiken: Der Euro wird weiter geschwächt. Das hilft zwar exportorientierten Unternehmen, verteuert aber den Import. Ein Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist. Schließlich werden bereits heute zahlreiche Produkte in Asien und Amerika hergestellt. Das dürfte der Verbraucher schon bald zu spüren bekommen. Und wer heute Urlaub in England, in den USA oder in der Schweiz machen möchte, muss bereits tiefer in die Tasche greifen. Mit dem massiven Ankauf von Staatsanleihen spielt Draghi seine letzte Karte aus. Die Zinsen kann er nicht weiter senken. Sie liegen bereits nahe der Nullmarke. Also versucht er mit staatlichen Schuldscheinen gegen Mini-Inflation und Wirtschaftsschwäche in Ländern wie Italien, Spanien und Frankreich vorzugehen. Draghi muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Denn dass die Inflation derzeit so niedrig ausfällt, liegt am gefallenen Ölpreis. Rechnet man die Energiepreise heraus, läge die Inflation bei 0,8 Prozent, also im unkritischen Bereich. Billiges Öl aber ist mitnichten das Problem. Im Gegenteil: Davon profitiert derzeit die Wirtschaft in ganz Europa. Und ebenso die Verbraucher. Die Gefahr einer Deflation - eine Abwärtsspirale aus fallenden Preisen und Kaufzurückhaltung - besteht nicht. Schwer wiegt die Frage der Haftung für die vielen Milliarden. Irgendwann muss das Geld zurückbezahlt werden. Im Zweifelsfall muss der deutsche Steuerzahler für Verluste anderer Staaten geradestehen. Schließlich ist die Bundesrepublik mit etwa einem Viertel am Kapital der EZB beteiligt. Ein Unding! 2012 hatte sich Draghi den Ruf als Retter des Euro erworben mit dem Satz, zur Not »alles zu tun«, um die Währungsunion zusammenzuhalten. Das war gut und richtig. Draghi hatte die Finanzmärkte beruhigt. Heute aber fordert er dem Instrument der Geldpolitik mehr ab, als es leisten kann. Nötiger als Staatsanleihen wären Reformen in den wirtschaftlich kriselnden Ländern. Doch da sind die Widerstände groß. Schließlich stößt die Politik ihre Wähler ungern vor den Kopf.
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