Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Olympia
Bielefeld (ots)
Die olympischen Medaillen sind vergeben und gezählt. Die deutschen Athleten haben kräftig abgesahnt - 31 mal standen sie auf dem Treppchen, zwölfmal häufiger als in Sotschi, Schwarz-Rot-Gold grüßt als Nummer zwei im Medaillenspiegel. Was für eine Leistungsexplosion. Das freut neben den Sportlern vor allem den Deutschen Olympischen Sportbund sowie den geschäftsführenden Innenminister und Medaillenoberzähler Thomas de Maizière (CDU). Irgendwie soll das alles mit der von ihm initiierten Leistungssportreform zu tun haben. Na ja: Irgendwas muss man eben erzählen. Noch mehr Unfug wurde in Südkorea eigentlich nur noch über den olympischen Frieden geredet. Den gab es nie - es sei denn, man betrachtet lediglich die Ausrichterstadt. Schaut man allerdings auch auf die Länder, in denen es um Gold, Silber und Bronze geht und ging, stellt man fest, an wie erschreckend vielen Kriegen diese während der Spiele beteiligt waren und dass sie auch vor Annexionen nicht zurückschrecken - wie etwa der Ausrichter der nächsten Winterspiele, Peking. Von der Situation der Menschen in den ausrichtenden Ländern ganz abgesehen. In Korea hat sich durch das gemeinsame Eishockey-Team und ähnliche heuchlerisch-folkloristische Aktionen nichts geändert. Der Auftritt der vom nordkoreanischen Diktator entsandten dauergrinsenden Cheerleader hat eher verdeutlicht, wie gespalten das Land ist und bleiben wird. Die nächsten Winterspiele werden, anders als vom Internationalen Olympischen Komitee propagiert, wieder gigantische werden. Allein zehn Milliarden Euro etwa soll der Schnellzug kosten, der die chinesische Hauptstadt mit den Wettkampfstätten verbindet. Winterspiele in Peking - das allein ist ja schon eine fast nicht zu überbietende Farce. Wie Fußball in der Wüste. In dieser Woche wird wohl Russland wieder in die olympische Familie aufgenommen werden. Warum, weiß eigentlich keiner so richtig. Die gedopten Russen (zwei von über 160) sind kein Argument dagegen. Eher, dass Zeichen von Einsicht in das Fehlverhalten während, vor und nach den Spielen in Sotschi aber bei den Entscheidungsträgern rund um den russischen Präsidenten weiter nicht erkennbar sind. In Deutschland hat das in den vergangenen zwei Wochen keinen interessiert. Die Erfolge haben berauscht, hinterfragt wurde die Leistungsexplosion nicht. Die Situation vieler Athleten und ihrer Betreuer bleibt ungesichert. Vor allem viele Trainer wissen nicht, ob und wie es mit ihnen im Sport weiter geht. Nicht wenige werden nach dem koreanischen Rausch mit einem Kater aufwachen.
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