Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Kirchentag in Köln
Bielefeld (ots)
Das Motto stellt einen hohen Anspruch, der Ort ist eine Herausforderung zum Dialog mit Katholiken wie Muslimen: Lebendig, kräftig und schärfer - drei Adjektive und ein zum Hai aufgepeppter Fisch als Symbol der Christen stehen für den 31. Evangelischen Kirchentag kommende Woche in Köln. Knapp die Hälfte in der Millionenstadt ist katholisch getauft, 100000 bekennen sich zum muslimischen Glauben. Aber auch die heute 178000 evangelischen Christen haben die rheinische Metropole seit Napoleon nicht nur beim Dombau mitgestaltet. Kein Wunder, dass die Kathedrale ebenso selbstverständlich Schauplatz des Protestantentreffens ist wie die Anwesenheit aller großen muslimischen Verbände. Dort, wo der Weltjugendtag mit dem deutschen Papst in einer Synagoge begann, wird vom 6. bis 10. Juni in zahllosen Gottesdiensten, Bibelarbeiten, auf Podien und Märkten der christliche Glaube in der Tradition Martin Luthers neu justiert und vorgelebt. Die Auseinandersetzung zwischen den Religionen und - als zweiter Schwerpunkt - die von vielen als Bedrohung empfundene Globalisierung werden im Blickpunkt des Treffens stehen. Im Schatten von Heiligendamm und zugleich als Antipode zum G8-Gipfel an der Ostsee dürfte das Massenereignis in den Medien diesmal nur an zweiter Stelle rangieren. Das muss nicht von Nachteil sein, solange man die bessere Botschaft hat. Wichtiger: Fragen der Gerechtigkeit und Menschenwürde sind grundsätzlich besser bei den Vertretern der Nächstenliebe aufgehoben als bei den mächtigsten Staatsmännern dieser Welt. Zwar können Bush, Blair, Sarkozy, Merkel und Putin tagespolitisch mehr erreichen, aber den Maßstab gerechten Handelns hat Christus seinen Jüngern gegeben. Deren Nachfolger sagen, was gut ist. Nebenbei: Der termingerecht aufkeimende (katholische) Abendmahlsstreit kann nicht bei dem evangelischen Laientreffen gelöst werden. Das von der großen Mehrheit aller Christen kaum nachvollziehbare Abendmahlsverbot für Katholiken lenkt das Interesse allenfalls von den wirklich wichtigen Botschaften ab. »Ist die schärfere Religion die bessere«, das wird wie das zweischneidige Schwert aus dem Brief an die Hebräer über einer zentralen Diskussion stehen. Das Wortgeklingel könnte zu viel versprechen. Glaubensfragen rühren selbst unter Christen ans Fundamentale. Enttäuschungen nicht ausgeschlossen. So birgt die jüngst präzisierte, sagen wir ruhig »nachgeschärfte« Abgrenzung der Evangelischen Kirche gegenüber dem muslimischen Glaubensanspruch »Klarheit und gute Nachbarschaft« Feuer in sich. Derzeit herrscht Funkstille zwischen EKD und islamischen Verbänden. Ratsvorsitzender Bischof Wolfgang Huber und Zentralratschef Ayyub Axel Köhler wollen nun ausgerechnet in Köln auf offener Bühne das eingerissene Tischtuch nähen. Kaum möglich, dennoch ist ihnen Erfolg zu wünschen, denn der gottgefällige Mensch ist mehr als jeder andere zum Guten und zur Versöhnung befähigt.
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