Das Erste
"ttt - titel thesen temperamente" am 12. Juli 2009
München (ots)
"ttt" kommt am Sonntag, 12. Juli, um 23.25 Uhr vom MDR und hat die Themen:
1. Die Menschenkennerin Herlinde Koelbl - die erste große Werkschau der deutschen Fotokünstlerin Sie fing erst mit 37 Jahren an zu fotografieren, dann machte sie sich blitzschnell einen Namen: Fotoserien wie "Schlafzimmer", "Jüdische Porträts" oder "Kinder" machten Herlinde Koelbl zu einer der bedeutendsten Fotokünstlerinnen Deutschlands. Ihre Kamera schaut den Menschen auf den Grund ihres Wesens. Sie erfasst ganze Lebenswege in einer kleinen Geste, sie entlarvt, ohne die Porträtierten zu demütigen - eine geniale, unbestechliche Beobachterin, deren Auge die Grenzen zwischen Schein und Sein auslotet. In ihrer berühmten Dokumentation "Spuren der Macht - Die Verwandlung des Menschen durch das Amt" zeigt sie, wie die Macht den Charakter und die Gesichtszüge namhafter Politiker verändert, darunter Joschka Fischer und Gerhard Schröder. Ihr Film "Die Meute" untersucht das Verhältnis von Mächtigen und Medien in der Berliner Republik. Im Berliner Gropiusbau ist erstmals eine Werkschau von Herlinde Koelbl zu sehen, mit 400 Fotos ein einzigartiger Überblick über 30 produktive Schaffensjahre. "ttt" hat Herlinde Koelbl in München besucht und in Berlin beim Aufbau der Ausstellung beobachtet. Autorin: Hilka Sinning
2. Afghanistan sucht den Superstar - "Afghan Star", ein beeindruckender Dokumentarfilm über die Super Star Show in Kabul Es ist ein Straßenfeger, ein mediales Ereignis, das keiner verpassen will und es ist in vielen Teilen des Landes lebensgefährlich, etwas Verbotenes. Menschen aus allen Landesteilen Afghanistans, Frauen wie Männer, pilgern nach Kabul um dort zu singen. Sie singen in der Unterhaltungsshow "Afghan Star". Es ist die erfolgreichste Show, die das Land jemals gesehen hat. Für viele junge Afghanen ist es vor allem ein Symbol ihre gewonnene Freiheit zu demonstrieren; eine Unterhaltungsshow als Widerstandsakt. Unter der Talibanherrschaft durfte weder gesungen noch Musik gespielt werden. Massenhaft haben die Taliban seinerzeit Musikkassetten und Bänder vernichtet. Ungefährlich ist es für die Teilnehmer der Show heute immer noch nicht. Vor allem die Frauen werden bedroht. In dem Dokumentarfilm "Afghan Star" wird die Geschichte der afghanischen Variante von "Afghanistan sucht den Superstar" und ihrer aus allen Landesteilen kommenden Teilnehmer erzählt. Die Dokumentation wirft einen wirklich überraschenden und bewegenden Blick auf ein vom Krieg gezeichnetes Land. Der Film wurde beim "Sundance Festival" gefeiert und mehrfach preisgekrönt. Autor: Andreas Lueg
3. Inge Jens - unvollständige Erinnerungen, eine Autobiografie Sie war zumeist die Frau an seiner Seite, die Frau an der Seite des berühmten und vielgefragten Rhetorikpapstes Walter Jens. Von ihrem eigenen Leben hat Inge Jens bislang wenig Aufhebens gemacht. Dabei ist sie selbst promovierte Germanistin, hat die Tagebücher von Thomas Mann herausgegeben. Mit der Biografie über Katia Mann wurde sie zur Bestsellerautorin. In Ihren "Unvollständigen Erinnerungen" berichtet sie nun über ihre Kindheit in Hamburg, ihre Begegnungen mit Golo Mann, Ernst Bloch, Loriot ... Unprätentiös und selbstkritisch schildert sie, dass sie durch ihre Arbeit - etwa als Herausgeberin von Briefen der Geschwister Scholl - "Probleme der eigenen politischen Sozialisation erkannte". Aus der ehemals unpolitischen Person wird eine politisch aktive Bürgerin: Inge Jens engagiert sich bei der Blockade gegen die Raketenstationierung in Mutlangen; später versteckt sie amerikanische Deserteure. Auch über die letzten Jahre, beherrscht von der Demenzkrankheit ihres Mannes, schreibt sie in seltener Offenheit: "Ich sehe seinem Entschwinden zu." Autor: Lars Friedrich
4. Im Jahr des Gedenkens an den Mauerfall ein ungewöhnlicher Aspekt : Mauerspringer von West nach Ost. Mit der Berliner Mauer als Monument des Kalten Krieges verbindet sich die Erinnerung an spektakuläre Fluchten und an das tragische Schicksal der Todesopfer. Weit weniger bekannt ist, dass mehrere hundert Menschen die stark gesicherte Anlage auch in der Gegenrichtung überkletterten. Da die Mauer auf der Westseite unbewacht war, konnte man sie denkbar einfach überwinden, zur Not mit einer Leiter. Was veranlasste diese »Mauerspringer« dazu, den direkten Weg in den Osten zu nehmen, anstatt wie alle anderen einen Grenzübergang zu benutzen? Die Motive der "Grenzverletzer WB-DDR", wie sie im MfS-Jargon hießen, waren vielfältig: von bierseligem Übermut, über Wetten, Geldsorgen, Heimweh, Liebe, Sehnsucht, Verwirrtheit bis zu politischer Motivation ist alles vertreten. Zu jeder dieser Motivlagen hat Martin Schaad in seinem Buch "Dann geh doch rüber. Über die Mauer in den Osten" einen Fall genauer recherchiert und die dramatischen, tragischen und zuweilen kuriosen Geschichten aufgeschrieben. Doch wie gingen die ostdeutschen Behörden mit dieser »provokatorischen Missachtung der Souveränität der DDR« um? Martin Schaad schildert anschaulich die unterschiedlichen Motive der "Grenzverletzer" und analysiert die Reaktionen des Ministeriums für Staatssicherheit. Seine Schilderungen geben Einblick in die Funktionsweise und Denkungsart des MfS. Autor: Tom Fugmann
Moderation: Dieter Moor
Redaktion: Jens-Uwe Korsowsky / Matthias Morgenthaler
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