Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Bundespräsident Horst Köhler: "Naturschutz ist kein Luxus, Naturschutz ist eine Zukunftsaufgabe"
Dresden (ots)
Dresden: Deutsche Bundesstiftung Umwelt verlieh heute Deutschen Umweltpreis an Huber und Schulze
Der mit 500.000 Euro höchst dotierte Umweltpreis Europas ist zum 14. Mal vergeben. Bundespräsident Horst Köhler überreichte heute in Dresden den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) an den bayerischen Unternehmer Hans G. Huber (64) und den Jenaer Ökosystemforscher Prof. Dr. Ernst-Detlef Schulze (65). Huber erhält den Preis, weil er in Schwellen- und Entwicklungsländern qualitativ hochwertige und robuste Technologien zur Frischwasseraufbereitung und Abwasserbehandlung entwickelt und erfolgreich vertrieben hat. Als Direktor des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie erforscht Schulze Ursachen der globalen Klimaerwärmung. In seiner Rede betonte Köhler die Bedeutung des Naturschutzes: "Seit 100 Jahren ist der Naturschutz Aufgabe des Staates. Das muss er auch weiterhin bleiben. Und zwar nicht als lästiges Anhängsel, um das man sich - je nach Kassenlage - mal mehr, mal weniger kümmert. Naturschutz ist kein Luxus, Naturschutz ist eine Zukunftsaufgabe."
Vor rund 1.500 Festgästen betonte Köhler in Dresden, Naturschutzgebiete und -parke, Nationalparke und Biosphärenreservate machten ein Viertel der Fläche Deutschlands aus. Für ihn gehöre es zu den zentralen Aufgaben einer zukunftsorientierten Politik, "diese Schatzkammer, das reiche Naturerbe unseres Landes, für unsere Kinder und Enkel zu bewahren". Darum begrüße er auch ausdrücklich, dass die Bundesregierung zur Sicherung des Nationalen Naturerbes 125.000 Hektar Naturschutzflächen unentgeltlich in eine Bundesstiftung einbringen oder an die Länder übertragen wolle. Damit könne nun endlich auch die Idee des "Grünen Bandes" verwirklicht werden. Köhler: "Ich wünsche mir sehr, dass die künftigen Träger des nationalen Naturerbes aus diesem Geschenk etwas Gutes machen."
Gut vierzig Jahre lang habe eine breite Wunde Ost- und Westdeutschland geteilt: die tödlichen Sperr- und Grenzanlagen der DDR. Es habe brutale Eingriffe in die Natur gegeben - freies Schussfeld, Minengürtel, Todesstreifen und Sperrzäune. Aber es habe auch menschenleeres Niemandsland gegeben, in dem sich die Natur ungestört habe entfalten können. Inzwischen habe sie sich längst zurückgenommen, was früher zubetoniert, umgepflügt oder vermint gewesen sei. Köhler: "Die Wunde der Teilung hat sich geschlossen, und Deutschland ist verbunden durch ein Grünes Band von der Ostsee bis zum Bayerischen Wald. Es ist gut, dass dieses natürliche Band nun dauerhaft erhalten werden kann."
Naturschutz ohne jeden Widerstand werde es wahrscheinlich nur selten geben. Umso wichtiger sei es deshalb, mit den Betroffenen frühzeitig ins Gespräch zu kommen und - wo immer möglich - kooperative Lösungen anzustreben. Denn Naturschutz sei zunehmend auch ein Wirtschaftsfaktor. Studien belegten, dass Naturschutz gerade auch in strukturschwachen Regionen Einkommen und Arbeitsplätzesichere. An der Müritz zum Beispiel hätten 2004 die Besucher des Nationalparks über 13 Millionen Euro in der Region gelassen und damit geholfen, rund 630 Arbeitsplätze zu sichern.
Mit der Föderalismusreform sei für die Zukunftsaufgabe Naturschutz nun endlich der Weg frei für ein bundesweites Umweltgesetzbuch. Auch die Länder hätten neue Gestaltungsspielräume erhalten. Künftig könnten sie im Naturschutz-, Wasser- und Verfahrensrecht vom Bundesrecht abweichen. Köhler: "Ich vertraue darauf, dass die Länder diese neu gewonnene Kompetenz verantwortungsvoll nutzen. Mit einem Wettbewerb um die niedrigsten Umweltstandards ist der Zukunftsfähigkeit unseres Landes ebenso wenig gedient wie mit einem investitionsfeindlichen Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen."
Auch DBU-Kuratoriumsvorsitzender Hubert Weinzierl betonte die Bereitschaft der DBU, diese Sternstunde zu nutzen und sich an der Sicherung des Nationales Naturerbes zu beteiligen. Bedingung sei allerdings, dass die Landschaften für nachfolgende Generationen gesichert - und nicht verkauft würden.
In seiner im Festakt per Film eingespielten Laudatio auf Hans G. Huber betonte Prof. Dr. Klaus Töpfer, ehemaliger Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und Mitglied der Jury des Deutschen Umweltpreises, die Auszeichnung sei gut und wohl begründet. 6,5 Milliarden Menschen brauchten Wasser - für die Landwirtschaft, zur Bewässerung, für die Industrie. Täglich würden mehr als 5.000 Menschen an Krankheiten sterben, die mit Wasser verbunden seien, vornehmlich Kinder. Töpfer: "Und es ist nicht die Frage, dass wir nicht genug Wasser in dieser Welt haben, auch in allen Regionen. Aber wir brauchen bessere Ideen, bessere Techniken, um dieses Wasser sinnvoller, sparsamer zu nutzen. Denn wenn wir davon sprechen, dass die nächsten Kriege Wasserkriege sein werden, dann müssen wir uns heute fragen: Welches sind die Abrüstungsmaßnahmen, die vorsorgenden Abrüstungsmaßnahmen für diese Kriege? Und sie sind: Intelligente Technologien, Investitionen und gutes Management von Wasser."
Wasser müsse als Wertstoff gesehen werden. Die Firma Hans Huber habe dies sehr konsequent aufgegriffen, dazu beigetragen, dass Wasser mehrfach genutzt werden könne wie in der Kreislaufwirtschaft im Abfallbereich schon selbstverständlich. Töpfer: "Ein Unternehmen des Mittelstands, das wieder einmal belegt: Hier gibt es die Bereitschaft nachzudenken, Entwicklungen auszuarbeiten und marktfähig zu machen. Gratulation, eine gute Chance für den Standort Deutschland."
Zu Prof. Dr. Ernst-Detlef Schulze betonte Laudator und Jurymitglied Prof. Dr. Ing. Michael Schmidt, Brandenburgische Technische Universität Cottbus, ebenfalls per Film, Schulze erhalte den Umweltpreis für die Erforschung des globalen Kohlenstoff-Kreislaufs. Seine Ergebnisse seien nicht nur für die Grundlagenwissenschaften, sondern auch für die Klimapolitik höchst relevant. So hätten Schulze und sein Forschungsteam zeigen können, dass nur die Hälfte des in die Atmosphäre ausgestoßenen Kohlenstoffs wieder durch die Landmassen und die Ozeane gebunden werden könne. Ein weiteres und völlig neues Ergebnis sei, dass großflächiger Landnutzungswandel wie das Abholzen der Wälder ebenfalls mit zu rund 25 Prozent zur Klimaerwärmung beitrage.
Schulze selbst wies darauf hin, dass der Kohlenstoff-Ausstoß der Landwirtschaft heute noch vielfach unterschätzt werde. Dabei liege die Bedeutung etwa in der Größenordnung der fossilen Energieträger Gas, Kohle und Öl. Andererseits müsse verstärkt das Augenmerk gelegt werden auf ein Verhindern des Abholzens von Wäldern. Schulze: "Wenn einer verliert, ist das der Mensch." Denkbar sei es deshalb, dass zukünftig Landwirte "Ausgleichszahlungen" an Forstleute für diese Kompensationsmaßnahme zahlten. Schulze wies darauf hin, dass er einem Netz von 500 Wissenschaftlern europaweit vorstehe. Deshalb kröne und ehre der Deutsche Umweltpreis und gebe Auftrieb für ein großes Umfeld.
Hans G. Huber betonte, in Deutschland gebe es genügend Wasser in bester Qualität. Aber es müssten auch anwendbare Technologien geschaffen werden für Länder, die nicht so gesegnet seien wie Deutschland. Diese Idee müsse breiter gestreut werden etwa in Politik und Nicht-Regierungs-Organisationen. In Schwellenländern müsse die psychologische Hürde überwunden werden, Abwasser so aufzubereiten, dass es wieder zu verwenden sei. Dabei müsse man die Mentalität der Menschen verstehen und Vertrauen schaffen als wichtige Basis für die Zukunft. Sein Unternehmen biete Qualität und angepasste Lösungen, und er sei optimistisch, dass seinem Unternehmen die Ideen nicht ausgehen würden.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel stellte heraus, dass es zukünftig auf den richtigen Energiemix ankomme, um eine ökologische Katastrophe zu verhindern. Mit bald etwa neun Milliarden Menschen weltweit sei es eine Herausforderung, bezahlbare Energiealternativen zu entwickeln. Energieeffizienz sei dabei wichtiger als "jedes neue Ölfeld unter Alaska". Zwischen Wirtschafts- und Umweltressorts gebe es in diesem Punkt noch ein "Ringen um den richtigen Weg": "Wenn Ökonomen etwas ökologischer dächten" und umgekehrt, dann sei allen geholfen, betonte Gabriel.
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