Kölnische Rundschau: zum Iran
Köln (ots)
Die blutige Eskalation der Proteste im Iran zeigt vor allem eins: die Blindheit der Führungsclique der "Islamischen Republik". Es war einfach entsetzlich dumm, den Wahlsieg des moderaten Reformers Mir Hussein Mussawi nicht zuzulassen, und es ist noch dümmer, die Proteste einfach niederknüppeln zu lassen - und das auch noch während eines hohen religiösen Festes. Dass jetzt angeblich in der Armee ein Papier kursiert, das davor warnt, Soldaten gegen das Volk einzusetzen, zeigt: Die Riege um Revolutionsführer Ali Chamenei hat die Lage nicht mehr im Griff. Ebenso wenig aber können als Oppositionsführer auftretende Leute wie Mussawi die Protestbewegung kontrollieren. Es gibt im Iran einfach keine Institution und keine Führungspersönlichkeit mehr, deren Legitimität einigermaßen breit anerkannt wäre. Längst hat sich die "Islamische Republik" diskreditiert. Ein drittklassiger Theologe wie Chamenei, der sich als Stellvertreter des Messias aufführt und den ihm an Rang weit überlegenen Großajatollah Montaseri noch nach dessen Tod diffamiert; Schikanen im Alltag, eine korrupte Führungsclique und eine gescheiterte Wirtschafts- und Sozialpolitik - schlimmer kann die Blamage nicht sein. Aber es fehlen die Alternativen. Die hohe Geistlichkeit mag über Chamenei und sein System die Nase rümpfen, aber kaum jemand zieht daraus wie früher Montaseri politische Konsequenzen. Die meisten Mullahs nerven durch frömmelnde Distanz zur politischen Realität. Leute des Systems wie Mussawi und Ex-Präsident Mohammed Chatami waren von Anfang an als Oppositionsführer nicht glaubwürdig. Der Protest hat auch noch längst nicht das ganze Land erfasst. Den Rückzug vor unbeliebten Regimes in private Nischen sind Schiiten seit über einem Jahrtausend gewöhnt. Die Opposition erscheint so kopf- und konzeptionslos wie die taumelnde Herrschaftsclique. Das aber macht die Lage der Fast-Nuklearmacht Iran gefährlich. Die "Islamische Republik" hat keine Zukunft, aber es fehlen die Leute, um sie friedlich abzuwickeln.
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