Tag des Flüchtlings
Mehr statt weniger staatlichen Schutz für
Flüchtlinge
Bonn (ots)
Gesetzentwurf zur Zuwanderung vergrößert Schutzlücke für Flüchtlinge / amnesty international fordert Anerkennung nicht-staatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund / Nachfluchtgründe müssen weiter anerkannt werden / Einzelfallentscheider sollen unabhängig bleiben
Zum heutigen Tag des Flüchtlings warnt amnesty international davor, in der gegenwärtigen Situation den Schutz der Flüchtlinge zu vernachlässigen oder einzelne Gruppen von Flüchtlingen unter einen Generalverdacht zu stellen. "Völkerrechtlich ist die Bundesregierung verpflichtet, die Schutzlücke für Flüchtlinge zu schließen. Der Gesetzentwurf des Bundesinnenministers zur Zuwanderung sieht aber das Gegenteil vor. Die Lücke wird größer," erklärt Julia Duchrow, Flüchtlingsexpertin der deutschen Sektion von amnesty international.
Der Gesetzentwurf zur Regelung der Zuwanderung bringt zwar für eine Minderheit der Flüchtlinge Verbesserungen. Sie können künftig schneller eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Für die Mehrheit der Flüchtlinge wird sich die Situation jedoch verschlechtern.
So soll bei Flüchtlingen, die die Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllen, weiterhin entgegen internationalem Flüchtlingsrecht zwischen staatlicher und nicht-staatlicher Verfolgung unterschieden werden. "Es kann nicht sein, dass einzelne Personengruppen willkürlich aus dem Anwendungsbereich der Flüchtlingskonvention herausgenommen werden", betont ai-Flüchtlingsexpertin Julia Duchrow. Die Menschenrechtsorganisation fordert deshalb eine klare gesetzliche Regelung, die Flüchtlinge auch bei nicht-staatlicher oder geschlechtsspezifischer Verfolgung als politisch Verfolgte anerkennt.
Flüchtlinge, die bisher in Deutschland geduldet wurden, weil sie entweder aus faktischen Gründen oder weil sie an Leib und Leben bedroht waren, nicht in ihr Heimatland zurückkehren konnten, müssen künftig damit rechnen in ein Drittland abgeschoben zu werden oder in einer Ausreiseeinrichtung untergebracht zu werden. Diese Einrichtungen sind als Übergangslösungen konzipiert. Häufig vergehen jedoch Jahre, bevor sich die Situation im Herkunftsland der Flüchtlinge soweit verbessert, dass sie zurückkehren können. Außerdem sollen sie künftig selbst den Nachweis erbringen, dass ihnen die Ausreise in ein anderes Land unmöglich ist.
Eine weitere Verschärfung der rechtlichen Situation von Flüchtlingen ergibt sich aus der geplanten Regelung, asylrelevante Gründe nicht mehr anzuerkennen, wenn sie erst nach der Flucht entstanden sind. So können legale politische Aktivitäten in Deutschland dazu führen, dass Flüchtlinge bei einer Rückkehr in ihr Heimatland akut bedroht werden. Solche Aktivitäten sollen künftig, im Gegensatz zum internationalen Flüchtlingsrecht, als "selbstgeschaffene Nachfluchtgründe" keinen Anspruch auf Schutz begründen, sondern lediglich zu einer Aussetzung der Abschiebung führen.
Außerdem muss die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft auch weiterhin in bei weisungsunabhängigen Entscheidern des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bleiben, betont amnesty international. "Bei der Entscheidung über die Anerkennung als Asylberechtigter kommt es ganz wesentlich auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Bewerbers an. Diese Einschätzung kann nur auf Grund des persönlichen Eindrucks getroffen werden, den sich der Entscheider von dem Antragsteller macht," so Duchrow. "Die Anweisung eines Vorgesetzten kann diese Entscheidung nicht ersetzen."
amnesty international fordert die Bundesregierung deshalb auf:
- Die Schutzlücke im Flüchtlingsschutz zu schließen und Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Flüchtlinge anzuerkennen.
- Menschen, die wegen Exilaktivitäten in ihren Herkunftsländern von politischer Verfolgung bedroht sind (Nachfluchtgründe), wie bisher als Flüchtlingen ein sicheres Aufenthaltsrecht zu gewähren.
- Die Weisungsunabhängigkeit der Entscheiderinnen und Entscheider beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Asylverfahren zu erhalten.
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