Abschaffung der Arzneimittelbudgets ist finanzpolitische Geisterfahrt
Bergisch Gladbach (ots)
Mit Sorge und Unverständnis betrachten die Verwaltungsratsvorsitzenden des IKK-Bundesverbandes, Uwe Conrad und Wilfried Schleef, die geplante Ablösung der Arznei- und Heilmittelbudgets durch die Bundesregierung. "Eine solche Politik, die funktionierende Steuerungsinstrumente außer Kraft setzt, wird von den Innungskrankenkassen entschieden abgelehnt und auch bekämpft", erklärte Schleef.
Um den seit Jahren schwelenden Konflikt mit den ärztlichen Standesorganisationen um die Budgetierung der Arzneimittelausgaben einzuebnen, seien SPD und Grüne ganz offensichtlich bereit, wesentliche Instrumente einer bezahlbaren Arzneimittelversorgung über Bord zu werfen. Bereits die Ankündigung der Bundesregierung, die Arznei- und Heilmittelbudgets abzulösen, habe zu einer erheblichen Verordnungszunahme geführt. So seien die Arzneimittelausgaben bei den Innungskrankenkassen im ersten Quartal 2001 im Durchschnitt um über 11 Prozent gestiegen; teilweise bis zu 20 % im Vergleich zum Vorjahr. Eine rationale Arzneimitteltherapie sei damit in hohem Maße gefährdet. "Eine solche Vorgehensweise führt jedes Bekenntnis zur Beitragssatzstabilität in der GKV ad absurdum", betonte Conrad. Wenn Rot-Grün wirklich noch an die eigenen Grundsätze glaube, müssten die Budgets so lange weiterbestehen, bis andere Methoden ihre Wirksamkeit bezüglich der Kostensteuerung bewiesen hätten.
Auch die Positivliste werde unter dem Vorwand "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" immer weiter hinausgezögert. Die Vermutung sei nicht mehr von der Hand zu weisen, dass sich die Bundesregierung von diesem Kernbestandteil sozialdemokratischer Gesundheitspolitik Zug um Zug verabschiede. "Für uns ist das Handeln der Bundesgesundheitsministerin nicht nachvollziehbar" erklärte Schleef. Auf der einen Seite bemühe sie sich um eine offene, konstruktive Diskussion und führe den "Runden Tisch" ein, auf der anderen Seite werde eine einseitige Politik zu Gunsten der Leistungserbringer gemacht, nur um Ruhe unter den ärztlichen Standesorganisationen zu erzeugen. Und das, obwohl sich die Ministerin zum Ziel gesetzt habe, stärker als bisher die Interessen der Versicherten in den Vordergrund ihrer Politik zu stellen. Dieses Ziel sei mit dem aktuellen Vorgehen unvereinbar.
Wenn der "Runde Tisch" die von der Ministerin selbst formulierten Ziele erreichen solle, müsse die Politik eine Gesamtlösung zur Reform des Gesundheitswesens und der GKV mit den Beteiligten erarbeiten. Das bedeute in der Konsequenz, dass eine konstruktive Arbeit am "Runden Tisch" nur dann möglich sei, wenn nicht gleichzeitig das Koordinatensystem zur Steuerung der Gesundheitsausgaben verschoben werde. Wenn aber die Bundesregierung das Ziel verfolge, im Konsens mit den Leistungserbringern und im Dissens mit den Gesetzlichen Krankenkassen und den Versicherten eine Gesundheitsreform vorzubereiten, werde langfristig kein tragfähiges Konzept für eine auf Nachhaltigkeit angelegte Gesundheitsversorgung herauskommen.
Der Verwaltungsrat erinnert die Bundesregierung daran, sich an die in der Koalitionsvereinbarung gemachten Versprechen zu halten. Dort hieß es noch: "Ziel der neuen Bundesregierung ist es, den Anstieg der Krankenversicherungsbeiträge zu stoppen und die Beiträge dauerhaft zu stabilisieren." Damals formulierten SPD und Grüne nach Ansicht der Innungskrankenkassen zutreffenderweise, dass Kostensenkung und Qualitätssteigerung in der gesundheitlichen Versorgung keine Gegen-sätze, sondern vielmehr gut vereinbar seien. Die Regierung dürfe nicht nach dem Motto "Was kümmert mich mein Geschwätz von Gestern" vorgehen.
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