Bayerisches Fernsehen
Samstag, 2. November 2002, 13.05 Uhr /ZUM
TODE VON MARIANNE HOPPE
Kapriolen
München (ots)
Deutscher Spielfilm von 1937 Regie: Gustaf Gründgens
Kurzinformation: Die berühmte Pilotin Mabel Atkinson will als erste im Alleinflug den Ozean bezwingen. Der bekannte Journalist und Frauenschwarm Jack Warren soll die tollkühne Frau interviewen, verwechselt sie aber auf dem Flugplatz mit einer Schauspielerin. Dass die charmante junge Dame, die er beim Zahnarzt kennenlernt, die von ihm unbekannterweise geschmähte Fliegerin ist, bringt sein Vorurteil gegen "interessante Weiber" ins Wanken. Ein turbulenter Flug mit ihr, bei dem sie ihn mit ihren Kapriolen und Loopings schwindlig macht, führt gar zu einem Heiratsantrag. Man feiert Hochzeit - aber der Ehepakt hat seine Tücken. Zum Tode von Marianne Hoppe, "einer Jahrhundertschauspielerin des deutschen Films und Theaters" (Klaus Völker) zeigt das Bayerische Fernsehen den Spielfilm "Kapriolen" - eine ebenso romantische wie turbulente Liebeskomödie mit der Musik von Peter Kreuder, die Gustav Gründgens 1937 mit sich und seiner damaligen Frau (von 1936 bis 1946) in den Hauptrollen inszenierte. Herausgekommen ist eine "Gesellschaftskomödie im englischen Milieu, die dank Willi Forsts Mitarbeit an den Dialogen, Gründgens' intelligent distanzierter Regie und guter Besetzung ... frisch und unterhaltsam geblieben ist" (Lexikon des Internationalen Films). *********************************************************************
In der Emanzipationskomödie "Kapriolen" führt Marianne Hoppe "überzeugend vor, dass im NS-Film gelegentlich Weltläufigkeit, Esprit und Spielwitz möglich waren" (taz-Nachruf). Obwohl sie kaum dem NS-Frauenbild entsprach, hatte sie erstaunlich viele und erstaunlich gute Leinwandrollen zu spielen. So war sie die Effi Briest in Gründgens Fontane-Verfilmung "Der Schritt vom Wege", glänzte in der Oscar-Wilde-Adaption als "Eine Frau ohne Bedeutung", spielte die Titelrolle in "Auf Widersehen, Franziska", war die tragisch Liebende in "Romanze in Moll" und die emanzipierte Ehefrau in "Ich brauche dich". "Unter lauter Gefühlsdusen, unter träumerisch sich hingebenden, kokett sich Unterordnenden und weh Zerfließenden, jenen Ausdrucks- und Spielformen des Zeittypus 'deutsche Frau' war sie die herausragend Undeutsche: Begabt mit Klarsichtigkeit, Berliner Schnauze, aber perfekter, französisch anmutender Wortkunstpanzerung. .. Sie war mit keinerlei Verwässerungswasser gewaschen. Ihr schönes hartes Gesicht blieb dabei von herrisch- sanfter Unergründlichkeit" (FAZ-Nachruf).
Weiter Informationen zu Marianne Hoppe: Marianne Hoppe, die Grande Dame des deutschen Films, am 29. April 1909 in Rostock als Tochter eines mecklenburgischen Rittergutsbesitzers geboren, erhielt zunächst Privatunterricht auf dem elterlichen Anwesen, ging dann aber mit 17 Jahren an die renommierte Schauspielschule des Deutschen Theaters in Berlin, nachdem sie durch den Besuch einer Aufführung von Schillers "Die Braut von Messina" erstmals Theaterblut geleckt hatte. Im gleichen Jahr feierte sie bereits ihr Bühnendebüt und wurde ins Max-Reinhardt- Ensemble übernommen. Nach einer Zwischenstation in Frankfurt wechselte sie an die Münchner Kammerspiele. 1933 stand sie erstmals vor der Filmkamera, zahlreiche Hauptrollen folgten. "Marianne Hoppe bringt ihren eigenen Charme ... mit, einen reichen, farbigen Charme - sie schabloniert sich nicht..." (Filmkurier). Ihre schönsten Rollen der Ufa-Zeit hatte sie in den beiden Helmut-Käutner-Filmen "Auf Wiedersehen, Franziska!" und "Romanze in Moll". Zweimal - in dem Lustspiel "Kapriolen" und in der Fontane-Verfilmung "Der Schritt vom Wege" - spielte sie unter der Regie ihres Ehemannes Gustaf Gründgens (von 1936-1946). Gleichzeitig stand sie in seinen größten Klassikerinszenierungen am Staatlichen Schauspielhaus auf der Bühne. Nach 1945 verdiente Marianne Hoppe sich kurze Zeit lang als Rundfunksprecherin ihren Lebensunterhalt und half in einem Berliner Flüchtlingslager, so gut es ging, die Not zu lindern. 1947 betrat sie schließlich wieder, an der Seite ihres mittlerweile Ex-Mannes Gustav Gründgens, die Bretter, die für sie die Welt bedeuteten. Sie "entwickelt sich zunehmend zu einer Darstellerin psychologisch vielschichtiger Charaktere. Sie beherrscht feinste Gebärden und Sprachnuancen und spielt sowohl verletzliche und dekadente wie auch vitale und humorvolle Figuren" (Cinegraph) - ob auf der Leinwand oder als Mitglied des berühmten Schauspielhauses Düsseldorf, wieder unter der Intendanz von Gustaf Gründgens. Seit den 60er Jahren eroberte ihr herb schönes, ausdrucksstarkes Gesicht auch den Bildschirm, in den Krimiserien um den "Kommissar-" und den "Alten" wie auch in zahlreichen Fernsehspielen. Ihre Titelrolle in dem Fernsehspiel "Bei Thea" (1988) wurde mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Ihre Darstellung des "Lear" in Robert Wilsons Frankfurter Inszenierung war d i e Sensation des Theaterjahres 1990. 1999 setzte Film- und Opernregisseur Werner Schroeter ihr ein cineastisches Denkmal mit seinem sehr persönlichen Dokumentarfilm "Marianne Hoppe - Die Königin". 2000 gab es einen Ehrenpreis der "Goldenen Kamera". Dem Theater aber gehörte weiterhin ihre größte Gestaltungskraft und ihr Mut zum Risiko. Sie spielte für die internationale Creme der Theaterregisseure wie Claus Peymann, Heiner Müller und Bob Wilson - mehr noch, sie war ihre Muse. 1999, zu Ehren ihres 90. Geburtstag, wurde sie am Berliner Ensemble mit einer großen Gala gefeiert. "Ihr Altern hat sie aus ihrer Lebenskraft trefflich bestanden. Noch im Knarren der späten Jahre fing sie sich Sympathien" schrieb die Neue Zürcher Zeitung in ihrem Nachruf. Nicht nur Sympathien, mehr noch tiefe Bewunderung für ihr Schaffen und ihre Würde wird auch über ihren Tod hinaus - der sie am 23. Oktober im bayerischen Siegsdorf ereilte - fortbestehen. Sie "war auf der Leinwand wie auf der Bühne stets die Dame, deren noble Zurückhaltung durch die angeraute Stimme den entscheidenden Schuss Bodenständigkeit und spöttischen Humor enthielt. Schon als junge Schauspielerin verkörperte sie den Typus der schönen Spröden, der Ernsten. Nie im Entferntesten war sie der Vamp, die Femme Fatale. ... Ausgestattet mit dieser bemerkenswerten Klarheit, war sie prädestiniert, bis ins hohe Alter die großen Tragödinnen zu spielen, die erhobenen Hauptes und sehenden Auges dem Untergang entgegenschreiten, oder wie sie es selbstironisch nannte: die 'Knacksdamen'" (taz-Nachruf).
Darsteller: Jack Warren Gustaf Gründgens Mabel Atkinson Marianne Hoppe Schauspielerin Maria Bard Anwalt Paul Henckels
ots-Originaltext: BR Bayerischer Rundfunk
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