Wirtschaftskriminalität: Fast 40 Prozent der deutschen Unternehmen sind betroffen
Frankfurt am Main (ots)
Aktuelle PwC-Umfrage zeigt: Betrug und Untreue häufigste Delikte / Diskrepanz zwischen der realen Gefahr und der Wahrnehmung der Befragten / Aufdeckung meist durch Prüfung oder Zufall / Ein Drittel der Unternehmen hat Präventiv-Maßnahmen ergriffen / 48 Prozent rechnen mit wirtschaftskriminellen Handlungen in den nächsten fünf Jahren
39 Prozent aller deutschen Unternehmen sind in den vergangenen zwei Jahren Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen geworden, in Westeuropa beträgt der Anteil 34 Prozent. Die Veruntreuung von Vermögen ist in Deutschland mit einem Anteil von 33 Prozent das häufigste Delikt. An zweiter Stelle stehen mit zwölf Prozent die häufig unterschätzten kriminellen Handlungen mittels Informationstechnologien (Cybercrime). Danach folgen Produktpiraterie (acht Prozent), Korruption und Falschbilanzierung (je sechs Prozent). Der daraus resultierende finanzielle Verlust beträgt für Unternehmen weltweit durchschnittlich rund zwei Millionen Euro. Nur 34 Prozent der deutschen Unternehmen sind jedoch gegen die Folgen wirtschaftskrimineller Handlungen versichert.
Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Umfrage Wirtschaftskriminalität 2003 von PwC. Für diese umfassendste Studie ihrer Art wurden weltweit Vorstände und Geschäftsführer von 3.623 Unternehmen - davon sind 1.476 in Westeuropa und 150 in Deutschland ansässig - zu ihren Erfahrungen in den Jahren 2001 und 2002 befragt. Die im Jahr 2001 veröffentlichte Vorgängerstudie untersuchte die Jahre 1999 und 2000.
Viele Delikte bleiben unentdeckt
Im Vergleich zu den Ergebnissen der Studie von 2001 ist die Wirtschaftskriminalität in Deutschland um fast acht Prozent zurückgegangen (1999 / 2000: 46,5 Prozent): "Aufgrund unserer Erfahrungen ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die Bedrohung in Deutschland signifikant abgenommen hat", erläutert Karl-Heinz Maul, Partner und Leiter der Abteilung Dispute Analysis & Investigations bei PwC. "Lange nicht alle Fälle kommen ans Licht. Sicher ist, dass die Wirtschaftskriminalität sich hierzulande immer noch auf einem hohen Niveau leicht über dem westeuropäischen Durchschnitt bewegt." Dabei sind große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern mit einem Anteil von 48 Prozent deutlich häufiger betroffen als kleinere Unternehmen (37 Prozent).
Diskrepanz zwischen Erwartungen und Realität
Der Vergleich von tatsächlicher und geschätzter Häufigkeit krimineller Handlungen zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen der realen Gefahr und der Wahrnehmung der Befragten. So gehen 21 Prozent der Befragten davon aus, dass Falschbilanzierung das häufigste Delikt sei, tatsächlich beträgt der Anteil lediglich sechs Prozent. "Diese Überwertung überrascht jedoch vor dem Hintergrund der Medienberichterstattung über die aufgedeckten Finanzskandale in jüngster Vergangenheit kaum", konstatiert Steffen Salvenmoser, Wirtschaftskriminalitäts-Experte bei der Corporate Finance-Beratung von PwC und ehemaliger Staatsanwalt. "Auch Industriespionage und Korruption werden gefährlicher eingeschätzt, als sie statistisch nachgewiesen werden. Auffällig ist, dass Korruption in Deutschland (23 Prozent) als eine wesentlich größere Bedrohung betrachtet wird als im übrigen Westeuropa (13 Prozent)."
Auf der anderen Seite wird die Bedeutung von Geldwäsche und Cybercrime unterschätzt. In der PwC-Umfrage von 2001 wurde Cybercrime noch als größte Bedrohung der Zukunft eingestuft.
Prüfungen und Zufall häufigste Gründe der Entdeckung
Bei der Aufdeckung krimineller Handlungen sind für 48 Prozent der deutschen Befragten interne oder externe Prüfungen entscheidend. Dies ist zwar eine 16-prozentige Steigerung gegenüber der Studie von 2001, liegt aber deutlich unter dem westeuropäischen Durchschnitt von 85 Prozent. In Deutschland werden fast ein Drittel der wirtschaftskriminellen Handlungen durch Zufall entdeckt, in Westeuropa gilt dies für fast die Hälfte aller Delikte. Weitere 27 Prozent der Delikte können nur durch Hinweisgeber aufgedeckt werden. Diese Zahlen bestätigen, dass die heutigen Kontrollsysteme keinen ausreichenden Schutz gegen arglistige Handlungen bieten.
75 Prozent der deutschen Unternehmen haben vorgesorgt
Drei Viertel der deutschen Unternehmen haben präventive Maßnahmen zur Abwehr von Wirtschaftskriminalität getroffen. Dazu zählen vor allem die Mitberücksichtigung von Betrug im Risikomanagement, die Erstellung von Verhaltens-Kodizes sowie die Einrichtung von Systemen, die auf vermutete arglistige Handlungen hinweisen. 71 Prozent der deutschen Unternehmen sind sich sicher, dass ihre Schutzmaßnahmen besser geworden sind.
Trotzdem glauben 48 Prozent, dass sie innerhalb der nächsten fünf Jahre von Wirtschaftskriminalität betroffen sein werden. Diese im Vergleich zur Gesamtheit der westeuropäischen Unternehmen (38 Prozent) pessimistische Sicht "kann damit erklärt werden, dass deutsche Unternehmen schon heute stärker von Wirtschaftskriminalität betroffen sind", erklärt Karl-Heinz Maul. "Die größte Bedrohung geht von Veruntreuung (43 Prozent) und Cybercrime (42 Prozent) aus."
Die Umfrage Wirtschaftskriminalität 2003 - Internationale und deutsche Ergebnisse von PwC können Sie unter www.pwc.com/de/ publikationen kostenfrei im pdf-Format herunterladen.
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