Positionspapier zum geplanten Fortpflanzungsmedizingesetz des Bundesministeriums für Gesundheit: Embryonen-Selektion im Labor - nein! Import embryonaler Zellen - ja!
Hamburg (ots)
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat jetzt ein Positionspapier zum geplanten Fortpflanzungsmedizingesetz formuliert, das der Wochenzeitung DIE ZEIT vorliegt. Es soll helfen, "den Kinderwunsch eines Paares bei nachhaltiger Störung der natürlichen Fruchtbarkeit zu erfüllen, das Lebensrecht des Embryos in vitro und das Wohl des künftigen Kindes zu schützen sowie Missbrauch von Verfahren auszuschließen." Bisher wurden Fragen der Fortpflanzungsmedizin wie die Forschung an Embryonen oder die Eizellen-Spende durch das Embryonenschutzgesetz (ESchG) geregelt, das 1990 in Kraft trat. Dieses Gesetzeswerk soll nun in das neue Gesetz integriert werden. Dieser Schritt ist notwendig geworden, weil wissenschaftliche-medizinische Fortschritte Fragen aufwarfen, die das zehn Jahre alte ESchG nicht berücksichtigen konnte.
Im Diskussionsentwurf des Ministeriums soll die umstrittene Präimplantationsdiagnostik weiterhin verboten bleiben. Das Verfahren, bei dem im Labor erzeugte Embryonen noch im Reagenzglas auf mögliche Erbschäden untersucht werden, ist in vielen europäischen Ländern und den USA bereits zugelassen. Das Ministerium argumentiert in seinem Papier, die Technik könne missbraucht werden. "Dadurch, dass die Verantwortung für die Verwerfung eines Embryos in der Hand des Arztes liegt, ergibt sich - im Unterschied zu einem Schwangerschaftsabbruch - eine völlig neue Dimension der Manipulationsmöglichkeit am frühen Embryo."
Die Samenspende bei Unfruchtbarkeit des Mannes ist in Deutschland zugelassen und wird seit etlichen Jahrzehnten praktiziert. Die in anderen Ländern zugelassene Eizellspende bei Unfruchtbarkeit der Frau hingegen soll weiterhin verboten bleiben. Hier argumentiert das Ministerium vor allem mit den Risiken der Hormonbehandlung, der sich mögliche Eizell-Spenderinnen unterziehen müssen. Zudem sei "die Spaltung der Vaterschaft in einen genetischen und einen sozialen Vater eine historische Selbstverständlichkeit ... Eine Spaltung der Mutterschaft in eine biologische und genetische Mutterschaft ist dagegen in der Natur und in der Menschheitsgeschichte etwas völlig Neues."
Das im bisherigen Embryonenschutzgesetz bestehende Verbot der sogenannten verbrauchenden Embryonenforschung will das Ministerium auch im neuen Gesetzesrahmen beibehalten. In den vergangenen Monaten ist in Deutschland vor allem ein Streit um die Nutzung embryonaler Stammzellen ausgebrochen. Wissenschaftler erhoffen sich mit diesen Zellen neue Therapiemöglichkeiten für bisher unheilbare Krankheiten sowie die Züchtung von Ersatzgewebe und -organen für die Transplantationsmedizin. Das Ministerium trägt den gewaltigen Therapieaussichten in diesem Bereich Rechnung, indem es die Einfuhr embryonaler Stammzellen nicht verbietet. Das erklärte die zuständige Abteilungsleiterin des BMG Ulrike Riedel auf dem ZEIT-Forum "Regenerative Medizin" anlässlich der MEDICA 2000 in Düsseldorf.
Das Fortpflanzungsmedizingesetz soll bis Ende kommenden Jahres verabschiedet werden. "Bis dahin", sagt Ulrike Riedel, "ist noch eine breite Debatte notwendig, die bereits begonnen hat. Das Positionspapier des Bundesgesundheitsministeriums sei jetzt den Fraktionsvorsitzenden im Bundestag sowie den zuständigen Landesministerien zugeleitet worden." Frau Riedel machte deutlich, dass das BMG einen Paradigmenwechsel in der Einstellung gegenüber künstlichen befruchteten Embryonen ablehnt. Embryonen sollten auch in Zukunft in Deutschland nicht zu fremdnützigen Zwecken verwendet werden dürfen, also etwa, um daraus embryonale Stammzellen zu gewinnen. Ein Importverbot von im Ausland hergestellten embryonalen Stammzellen sei jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht aufrecht zu erhalten.
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