"Die Behauptung, Datenschutz sei Terroristenschutz, ist falsch und Unsinn!"
Hamburg (ots)
Spiros Simitis kritisiert Otto Schily:
Die Behauptung, Datenschutz sei Terroristenschutz, "ist falsch und Unsinn", sagt der Rechtsprofessor und Vater des deutschen Datenschutzes, Spiros Simitis, in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Gerade jetzt schlägt die Stunde der Datenschützer. Sie sind verpflichtet, die Rasterfahndungen von Anfang an zu begleiten und zu kontrollieren."
Er kenne keinen einzigen Fall, sagt Simitis, der gegenwärtig Vorsitzender des Nationalen Ethikrates ist, wo der Datenschutz die Suche nach Verbrechern behindert habe. "Ich kenne nur Fälle, in denen der angeblich bei uns so übertriebene Datenschutz als Vorwand herhalten musste: Entweder weil die Ämter keine Lust hatten, rechtzeitig nach bestimmten Daten zu suchen. Oder weil sie unfähig, unorganisiert oder unzureichend ausgestattet waren, um auf Daten zugreifen zu können." Selbstverständlich sei der Datenschutz kein statisches Gebäude, so Simitis weiter. Doch der Staat sei beweispflichtig, wenn er Gesetze ändern wolle. Diese Beweise habe er aber bislang nicht gebracht. "Wenn ich mir die Klagen über die unzureichende Terrorbekämpfung anhöre, kann ich nur sagen: Der Datenschutz ist nicht schuld daran, dass wir die mutmaßlichen Attentäter nicht frühzeitig genug aufgespürt haben."
Simitis betont, dass der Terrorismus nur europaweit und international bekämpft werden könne. "Aber in dem Maße, in dem ich zu einem europäischen Haftbefehl übergehe, zu europäischen Dateien und der europäischen Polizei. In demselben Maße brauchen wir in Europa Verfassungsprinzipien wie sie unser Grundgesetz garantiert." Er wünsche sich, sagt Simitis, "dass dieselben Minister, die den europaweiten Kampf gegen den Terrorismus propagieren, sich auch für eine europäische Verfassung engagieren. Das ist nach dem 11. September nötiger denn je."
Zur Person: Spiros Simitis, Bruder des griechischen Ministerpräsidenten Konstantin Simitis, war von 1975 bis 1991 hessischer Datenschutzbeauftragter. Der Rechtsprofessor leitete die deutsche Datenschutzkommission, war entscheidend am Bundesdatenschutzgesetz beteiligt und war von 1982 bis 1986 Vorsitzender der Datenschutzkommission des Europarates. Im Mai dieses Jahres wurde er zum Vorsitzenden des Nationalen Ethikrates berufen, der sich im Auftrag des Bundeskanzlers mit Fragen der Gentechnik und des Embryonenschutzgesetzes befasst.
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