Max-Planck-Institut unterbindet "Verquickung" von Wissenschaft mit kreationistischen Inhalten
Hamburg (ots)
Darf ein Wissenschaftler die Evolutionstheorie auf einer offiziellen Website seines Forschungsinstituts infrage stellen? Wolf-Ekkehard Lönnig, gruppenleitender Genetiker am Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung (MPIZ), hält nichts von Darwins Befunden und ist Anhänger der sogenannten Intelligent-Design-Theorie, die die Vielfalt der Natur als Produkt eines genialen Schöpfers betrachtet.
Am Montag (28.4.) hat das vierköpfige Direktorengremium des MPIZ entschieden, dass Lönnigs 1000-seitiger Auftritt im Netz in dieser Form "nicht akzeptabel" sei. "Wir hätten uns", sagt Paul Schulze-Lefert, geschäftsführender Direktor des Instituts, der ZEIT, "lächerlich gemacht, würden wir diese Verquickung von wissenschaftlich abgesicherten Befunden und persönlicher Meinung weiterhin auf unseren Sites dulden."
Die Webseite von Lönnig bleibt vorläufig gesperrt. Nur eine "massiv entrümpelte" Version wird in Zukunft auf dem MPG-Server zu finden sein. Die am Montag beschlossenen neuen Regeln für das Gestalten von MPIZ-Websites seien jedoch keine "Lex Lönnig". Sie gelten fortan für alle Mitarbeiter. Unter anderem dürfen nur Publikation, die ein peer rewiew durchlaufen haben, aufgelistet sein. Persönliche Meinungen, auch wenn sie (Schulze-Lefert) "vordergründig abstrus erscheinen", werden auf der Website explizit geduldet - müssen aber klar gekennzeichnet sein.
Der berühmte Ameisenforscher Bert Hölldobler und der Biologieprofessor Ulrich Kutschera von der Universität Kassel hatten beim Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft interveniert, weil Lönnigs Schriften auf der MPIZ-Homepage "der Verbreitung einer religiösen Weltanschauung" dienten und die MPG "als Verbreitungsorgan einer pseudowissenschaftlichen Ideologie missbraucht" wurde. Lönnig hatte die Seite seines Instituts genutzt, weil er seine Hypothesen als Resultat von Forschung und nicht als Produkt seiner Zugehörigkeit zur Glau-bensgemeinschaft der Zeugen Jehovas interpretiert sehen wollte. Fachleute allerdings halten die Intelligent-Design-Theorie für Kreationismus unter einem wissenschaftlichen Deckmantel.
Den kompletten ZEIT-Text (DIE ZEIT Nr. 19, EVT 30. April 2003) dieser Meldung stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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