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Ramsauer im Interview mit Spiegel online

Berlin (ots)

DIE PRESSESTELLE DER CSU-LANDESGRUPPE TEILT MIT:
Spiegel online-Interview mit Dr. Peter Ramsauer, Vorsitzender der 
CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag vom 08. Mai 2009:
SPIEGEL ONLINE: Herr Ramsauer, hat die CSU eigentlich einen Plan B
für den 7. Juni - für den Fall, dass Ihre Partei aus dem 
Europaparlament fliegt?
Ramsauer: Wir brauchen keinen Plan B. Mit einem solchen Fall 
rechnen wir nicht, darüber haben wir noch nie diskutiert. Die 
bayerischen Wähler wissen sehr genau, was am Wahltag zu tun ist, um 
die Interessen des Freistaats Bayern auf europäischer Ebene 
durchzusetzen.
SPIEGEL ONLINE: Wie viel Prozent brauchen Sie denn? Es gibt da ja 
unterschiedlichste Berechnungen.
Ramsauer: Wir streben ein saftiges Ergebnis an, in dem sich 
traditionelle CSU-Wahlergebnisse widerspiegeln.
SPIEGEL ONLINE: Saftig heißt deutlich mehr als 40 Prozent.
Ramsauer: Ja natürlich.
SPIEGEL ONLINE: Und auch mehr als die 43,4 Prozent bei den 
bayerischen Landtagswahlen?
Ramsauer: Absolut.
SPIEGEL ONLINE: Heißt konkret?
Ramsauer: Wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben, aber ich 
hoffe auf ein Ergebnis in Richtung 50 Prozent.
SPIEGEL ONLINE: Sie legen die Latte sehr hoch. Schließlich ist die
CSU ist nach dem Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern noch immer 
verunsichert. Hauen Sie deshalb im Wahlkampf so auf die Pauke - mit 
populistischen Themen wie etwa der Forderung nach Volksbefragungen zu
wichtigen EU-Themen?
Ramsauer: Wir hauen nicht auf die Pauke, wir wollen mobilisieren: 
Europapolitische Themen sind für viele auf den ersten Blick nun mal 
nicht so spannend. Dazu kommt, dass der Wahltermin inmitten der 
bayerischen Pfingstferien liegt. Also müssen wir die Leute 
wachrütteln, auch mit Themen, bei denen uns Populismus vorgehalten 
werden könnte. Das nehmen wir in Kauf.
SPIEGEL ONLINE: Der Populismusvorwurf kommt ja daher, dass Sie 
sich früher nicht für Volksbefragungen eingesetzt haben, es jetzt 
aber plötzlich tun.
Ramsauer: Die Frage nach Plebisziten hat sich in dieser 
Dringlichkeit bisher einfach nicht gestellt. Wir haben über die 
vergangenen Jahrzehnte eine immer stärkere Tendenz zur 
Verbundesstaatlichung der EU erlebt. Bis zu einem gewissen Maß war 
das erforderlich, um Europa politisch und wirtschaftlich arbeitsfähig
zu machen. Mit dem Lissabon-Vertrag sind wir aber an einem Punkt 
angekommen, an dem wir sagen: bis hierher und nicht weiter. Von hier 
an sollte jede von uns nicht gewollte, irreversible Abgabe von 
Souveränitätsrechten, jede Erweiterung der EU den Menschen zur 
Entscheidung vorgelegt werden. Das ist gerade jetzt eine legitime 
Forderung.
SPIEGEL ONLINE: Das ist sehr sachlich begründet. Horst Seehofer 
macht das kürzer: Er sagt einfach, ich bin gerne Populist. Sind Sie 
nicht gerne Populist?
Ramsauer: Jeder versteht unter Populismus etwas anderes. Horst 
Seehofer meint bestimmt nicht den Populisten, der immer nur 
marktschreierisch alles vertritt, was gerade en vogue ist. Horst 
Seehofer meint den Populisten im Wortsinn: Und der ist dort, wo die 
Menschen sind. Da bin ich auch, da ist die CSU immer.
SPIEGEL ONLINE: Den Platz bei den Menschen machen Ihnen inzwischen
die Freien Wähler streitig, bei der Europawahl angeführt von Gabriele
Pauli. Hätten die CSU heute weniger Probleme, wenn sie Frau Pauli 
nicht aus der Partei getrieben hätte?
Ramsauer: Gabriele Pauli wird nicht als typisch-bayerisches 
Flaggschiff wahrgenommen. Und sie trägt mit dazu bei, dass sich die 
Freien Wähler zuletzt schon wieder selbst ins Abseits stellten. 
Langsam wird deutlich, dass den Freien Wählern parteipolitische 
Professionalität und inhaltliche Substanz fehlt. Aus gutem Grund 
wurde Frau Pauli als Wahlfrau für die Bundesversammlung 
zurückgezogen, weil sie Horst Köhler nicht wählen wollte - im Grunde 
genommen ein unerhörter Vorgang. Ich fürchte die Freien Wähler daher 
überhaupt nicht. Die Stimmen, die zu ihnen gewandert sind, sind im 
bürgerlichen Lager verblieben. Wir können sie wieder zurückholen.
SPIEGEL ONLINE: Das haben die Sozialdemokraten Anfang der 
achtziger Jahre auch geglaubt, als es die Abspaltungen auf der grünen
Seite gab. Dann bröckelte es noch weiter, als Oskar Lafontaine die 
Partei verließ.
Ramsauer: Es geht hier aber um unterschiedliche Dimensionen. Die 
Grünen sind aus einem gesellschaftspolitischen Umbruch 
hervorgegangen, den wir auch als konservative Partei verschlafen 
haben. Die Abkehr von der CSU zu den Freien Wählern und auch zur FDP 
kommt aus Enttäuschung über ganz konkrete Entscheidungen, nicht über 
fundamentale Fragen. Das lässt sich korrigieren.
SPIEGEL ONLINE: Die Wirtschaftskrise treibt das Staatsdefizit in 
Schwindel erregende Höhen, in wenigen Tagen werden die Steuerschätzer
verheerende Zahlen vorlegen. Trotzdem wollen Sie den Menschen 
Steuersenkungen nach der Wahl versprechen. Ist das die richtige Zeit,
Geschenke zu verteilen?
Ramsauer: Wir wollen als CSU gestalten. Wenn wir aufgrund einer 
Steuerschätzung, die schlecht ausfällt, sofort kapitulieren, dann 
haben wir jeden politischen Gestaltungsanspruch verloren. Weil wir 
aber nicht kapitulieren, werden wir den Leistungsträgern in unserer 
Gesellschaft ein klares Signal der Entlastung geben. Im Übrigen wehre
ich mich gegen das Wort Steuergeschenk. Wem gehört denn das 
Steuergeld? Doch wohl zuallererst dem Bürger.
SPIEGEL ONLINE: Dennoch: Nicht nur Experten sehen keine Spielräume
für Entlastungen. Auch in der Union gibt es Kritik, unter anderem von
mehreren Ministerpräsidenten.
Ramsauer: Die wird Angela Merkel noch einfangen, und die CSU wird 
ihr dabei jede Unterstützung geben. Die Kanzlerin hat sich ja in 
rasantem Tempo der CSU-Steuerpolitik angenähert.
SPIEGEL ONLINE: Aber die Kanzlerin will sich nicht recht 
festlegen, wann mit Entlastungen zu rechnen ist. Wann wollen Sie denn
ran an die Steuerreform?
Ramsauer: Wir wollen mit einer schwarz-gelben Koalition im Jahr 
2010 eine strukturelle Steuerreform angehen. Das heißt eine Reform, 
die deutlich über die von uns angestrebte Korrektur der kalten 
Progression hinausgeht. Ob wir dann von dieser Reform Teile schon 
rückwirkend zum 1. Januar 2010 oder vom 1. Januar 2011 an in Kraft 
setzen können, da möchte ich mich nicht festlegen.
SPIEGEL ONLINE: An welche Größenordnung denken Sie bei der 
Entlastung?
Ramsauer: Das geht zusammen mit dem, was wir bis dahin von unserem
Steuerkonzept bereits im Konjunkturpaket II umgesetzt haben, sowie 
zusammen mit der Entlastungswirkung des Bürgerentlastungsgesetzes 
deutlich in den zweistelligen Milliardenbereich.
SPIEGEL ONLINE: Nimmt man den Bürgern weniger, bleibt dem Staat 
unterm Strich auch weniger. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 
ist passé?
Ramsauer: Nein, das gehört zum CSU-Markenkern. Allerdings rückt 
das Ziel nun erst mal in die weitere Zukunft. Ehrlich gesagt halte 
ich im Augenblick den ausgeglichenen Haushalt bis zum Ende der 
nächsten Legislaturperiode für sehr schwer machbar.
SPIEGEL ONLINE: Wie bringen Sie sich eigentlich persönlich über 
die neuesten Pirouetten Ihres Parteichefs Horst Seehofer aufs 
Laufende. Bekommen Sie jeden Sonntag die neue Wochenlosung 
übermittelt?
Ramsauer: Ich bin schon lange in der Spitze der CSU dabei. Aber 
die Partei ist noch nie so straff und zielgerichtet geführt worden 
wie das jetzt unter Horst Seehofer der Fall ist - im positiven Sinne.
Das hat nichts mit einer Wochenlosung zu tun. Und von Pirouetten habe
ich auch nichts gesehen.
SPIEGEL ONLINE: Nicht? Wofür steht die CSU denn nun in der grünen 
Gentechnik?
Ramsauer: Wir haben uns hier ausgesprochen klar positioniert. Wir 
haben dem technischen Fortschritt immer positiv gegenüber gestanden. 
Daran wird sich nichts ändern. Aber genauso kämpft die CSU für die 
Bewahrung der Schöpfung, und deshalb das Anbauverbot für Genmais. Wir
sagen aber klar ja zur Forschung auf dem Gebiet der grünen 
Gentechnik. Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat hier die 
richtigen Entscheidungen getroffen. Eines der Argumente der 
Fundamentalgegner der Gentechnik ist ja, dass es zu viele offene 
Fragen gibt und Gentechnik deswegen verboten gehört. Natürlich gibt 
es viele offene Fragen, aber dann muss ich sie eben beantworten und 
nicht einfach nach einem Verbot rufen.
SPIEGEL ONLINE: Der bayerische Umweltminister Markus Söder ist in 
Ihren Augen also ein Fundamentalgegner.
Ramsauer: Eine Volkspartei muss unterschiedliche Schattierungen 
aushalten.

Pressekontakt:

CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag
Pressestelle
Telefon: 030 / 227 - 5 21 38 / - 5 2427
Fax: 030 / 227 - 5 60 23

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