Angebliches Zitat von Heiko Maas über Kinderehen ist erfunden
Berlin (ots)
Außenminister Heiko Maas (SPD) soll Ehen zwischen Erwachsenen und Kindern angeblich für zulässig erklärt haben, wie ein Facebook-Post behauptet. "Auch wenn die Ehefrau erst 6 und der Mann 56 ist, können wir nicht einfach unterstellen, die Heirat wäre nicht aus Liebe vollzogen", steht auf einem bei Facebook verbreiteten Foto neben einem Porträtbild des Politikers (https://archive.vn/AflHU).
BEWERTUNG: Es gibt keinen Beleg dafür, dass Heiko Maas sich jemals so geäußert hat.
FAKTEN: Das mit einem Maas-Foto verbundene falsche Zitat kursiert seit langer Zeit im Internet. Ursprung ist offenbar eine Debatte über den Umgang mit Kinderehen aus dem Jahr 2016 (http://dpaq.de/sWu5L). Das Justizministerium, damals von Heiko Maas geführt, sah in einem ersten Gesetzesentwurf vor, im Ausland geschlossene Ehen zwischen Minderjährigen und Erwachsenen nicht automatisch aufzulösen, sondern jeden Einzelfall zu prüfen.
Manche Menschenrechtler befürworten das, da es unter bestimmten Umständen sogar im Sinne der Betroffenen sein könne (S. 7, http://dpaq.de/uB0T5). Politiker aus der Union, aber auch aus der SPD kritisierten Maas für die geplante Einzelfall-Lösung. Rechte Blogs griffen den damaligen Justizminister an und brachten den Gesetzentwurf in einen Zusammenhang mit Kindesmissbrauch.
Dass das obengenannte Zitat tatsächlich von Maas stammen könnte, ist jedoch nicht zu belegen. Recherchen ergeben keinerlei Hinweis darauf, dass sich der Politiker in einem Interview oder an anderer Stelle jemals so geäußert hat. "Das Zitat ist frei erfunden", sagte auch ein Sprecher des Auswärtigen Amts der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Das bei Facebook derzeit wieder verbreitete Sharepic geht auf den Blog "Halle Leaks" zurück (http://dpaq.de/Rkkm4). Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz beschreibt dessen Betreiber als "Verschwörungstheoretiker" mit "rechtsextremistischer Konnotation" (http://dpaq.de/J3Cm0).
In einem Beitrag von Oktober 2016 mit der Überschrift "Maas billigt Kinderehen" ist das angebliche Zitat zwar nicht direkt enthalten. Zu finden ist es allerdings im Seitenquelltext des Blogeintrags. Dort ist es unter dem Dateinamen "maasheiratliebe.jpg" als Vorschaubild festgelegt, wenn ein Nutzer den Artikel auf Facebook oder Twitter teilt (http://dpaq.de/9rRwB).
Auch die Faktenchecker von Correctiv (http://dpaq.de/8RHCC) und die Recherche-Plattform Mimikama (http://dpaq.de/iP4C1; http://dpaq.de/EaFfI) haben sich schon mit der Fälschung befasst.
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Links:
Facebook-Beitrag mit dem falschen Zitat (7. Juni 2020): https://www.facebook.com/photo.php?fbid=704450183684104&set=pcb.704450550350734&type=3&theater (archiviert: https://archive.vn/AflHU)
Faktencheck von Correctiv zum Zitat (16. Januar 2019): https://correctiv.org/faktencheck/politik/2019/01/16/frei-erfundenes-zitat-von-heiko-maas-ueber-6-jaehrige-ehefrauen (archiviert: http://dpaq.de/8RHCC)
Analyse von Mimikama über Zitat-Bilder von "Halle Leaks" (22. November 2016): https://www.mimikama.at/allgemein/verdrehte-zitate/(archiviert: http://dpaq.de/iP4C1)
Faktencheck von Mimikama über frei erfundene Politikerzitate (8. September 2018): https://www.mimikama.at/allgemein/frei-erfundene-politiker-zitate/(archiviert: http://dpaq.de/EaFfI)
Eintrag im rechtsextremen Blog "Halle Leaks" (29. Oktober 2016): https://blog.halle-leaks.de/2016/10/maas-billigt-kinderehen-solang-sich-das-kind-nicht-beschwert/ (archviert: http://dpaq.de/Rkkm4)
Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt, Eintrag zu "Halle Leaks" ab S. 68 (2018): https://mi.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MI/MI/3._Themen/Verfassungsschutz/Referat_44/VSB_2018_Endfassung.pdf(archiviert: http://dpaq.de/J3Cm0)
Zitat-Bild aus dem Quelltext von "Halle Leaks": https://blog.halle-leaks.de/wp-content/uploads/2016/10/maasheiratliebe.jpg (archiviert: http://dpaq.de/9rRwB)
Fundstelle des Bildes im Quelltext: Link aufrufen, Rechtsklick, "Seitenquelltext anzeigen" auswählen, Suche nach dem Dateinamen "maasheiratliebe.jpg": http://dpaq.de/Rkkm4
Spiegel-Artikel über die Kinderehen-Debatte (23. Dezember 2016): https://magazin.spiegel.de/SP/2016/52/148681476/index.html(archiviert: http://dpaq.de/sWu5L)
Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte zum Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Kinderehen (22. Februar 2017): https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Stellungnahmen/2017/Downloads/02242017_Stellungnahme_DIMR_RefE_Kinderehe.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (archiviert: http://dpaq.de/uB0T5)
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