Der Tagesspiegel: Krankenkasse KKH: Gesundheitskosten lassen sich sofort um sechs Milliarden senken
Berlin (ots)
Die Kosten im Gesundheitswesen ließen sich mit einem Sofortprogramm um sechs Milliarden Euro drücken. Das sagte Rudolf Hauke, Vizechef der Krankenkasse KKH, dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Zwar wolle die KKH 2006 ihren Beitrag stabil bei 13,2 Prozent halten. "Der Kostendruck wächst aber - ohne Gegenmaßnahmen drohen 2007 überall Beitragserhöhungen", warnte er. Bei der anstehenden Gesundheitsreform dürfe es nicht nur um die Einnahmenseite gehen. "Ohne Strukturreformen steigen die Kosten unweigerlich, auch wenn man den Kassenbeitrag jetzt in Gesundheitsprämie umbenennt." Die KKH ist die viertgrößte bundesweit offene Kasse.
Für eine Senkung um sechs Milliarden Euro müsse an mehreren Hebeln angesetzt werden: Mit besser qualifizierten und zur Fortbildung verpflichteten Ärzten in den Praxen lasse sich eine Milliarde Euro einsparen. Ließen sich die Versicherten zudem dazu bewegen, bei planbaren Operationen spezialisierte, von den Kassen ausgewählte Krankenhäuser aufzusuchen, seien zwei weitere Milliarden drin. Bei den Arzneimitteln brächten zusätzliche Sparanstrengungen sowie eine stärkere Prüfung von Kosten und Nutzen neuer Medikamente sogar drei Milliarden Euro. Mit diesen Maßnahmen ließe sich der durchschnittliche Beitragssatz von jetzt gut 13,3 Prozent um 0,6 Punkte senken, rechnete Hauke vor.
Auch der Arzneimittelexperte Gerd Glaeske verlangte stärkere Sparanstrengungen. Denn das Arzneimittel-Sparpaket, das die Regierung plant und zu dem am Mittwoch eine Anhörung im Gesundheitsausschuss stattfindet, werde die Kosten nur um eine Milliarde Euro pro Jahr senken - statt um 1,3 Milliarden, wie von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) angepeilt. Generell sei das Paket zwar zu begrüßen. Doch "die Pharmaindustrie hat das Gesetz mit einem geschickten Schachzug stark zu ihren Gunsten verändert", urteilt der Forscher, der auch dem Gesundheits-Sachverständigenrat angehört. Es geht dabei um die so genannten Festbeträge - das sind die Maximalpreise, die Krankenkassen den Patienten für ein Medikament erstatten. Die Pharmahersteller hätten erreicht, dass es bei der Bestimmung der Festbeträge Regeln geben solle, wonach die teuren Medikamente mit abgelaufenem Patentschutz erst nach einem gewissen Aufschub unter das Festbetrags-System fielen. Und das, obwohl es für diese Präparate bereits billige Nachahmer-Produkte anderer Hersteller gebe. Die Folge: Die Kassen zahlten länger als nötig "munter ein Heidengeld", so Glaeske.
Das größte Sparpotenzial sieht er indes bei den so genannten Analogpräparaten - neuen, patentgeschützten Medikamenten also, die kaum besser wirken als alte Mittel. "Wenn es hier keine Wende gibt, ist ein weiterer Anstieg der Arzneimittelausgaben um bis zu 1,2 Milliarden Euro unvermeidlich."
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