Klare Kriterien für Sozialreformen
Caritaspräsident Peter Neher fordert Leistungsgerechtigkeit und soziale Abfederung bei der Reform der Sozialsysteme
Freiburg (ots)
Der neue Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Dr. Peter Neher, erhebt in der Verbandszeitschrift neue caritas seine Stimme für "Menschen, die sich nicht oder nur beschränkt selber helfen können" und "die ihre soziale Sicherung verlieren". Neher richtet seinen Blick auf Arme und von Armut Bedrohte sowie auf Familien. Er bewertet aus deren Blickwinkel die Kommissionsvorschläge und Gesetzesentwürfe zur Sanierung der Sozialsysteme.
Neher sieht die Vorschläge der Rürup-Kommission in großen Teilen als durchaus akzeptabel an. So sei es ein Gebot der Leistungsgerechtigkeit, dass besser situierte Rentner und Pensionäre sich stärker finanziell an den gesellschaftlichen Aufgaben beteiligen. Ebenso sei die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in die Rentenformen unvermeidlich.
Keine Leistungsgerechtigkeit bringen die Vorschläge jedoch für Familien mit sich. "Wer Kinder erzieht, sichert die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft und natürlich auch der sozialen Sicherungssysteme", stellt der Caritaspräsident fest. "Dafür dürfen Erziehende nicht benachteiligt werden." Mit der Unterbewertung der Leistung Kindererziehung gegenüber der Leistung eingezahlte Beiträge müsse endlich Schluss sein. Beides müsse im Rentensystem gleichwertig behandelt werden, wie es auch das Bundesverfassungsgericht vorschreibe.
Insgesamt, so Peter Neher, sei die Reform des Gesundheitssystems "zu wenig sozial abgefedert". Zwar könnten zwei Drittel der Bevölkerung Zuzahlungen gut verkraften. Den Menschen im unteren Drittel der Einkommens- und Vermögensskala, die kein Vermögen oder gar Schulden haben, gehe aber jetzt die Luft aus. Für Sozialhilfeempfänger bedeuteten die geplanten Zuzahlungen eine Senkung des Existenzminimums. "Das dürfen wir nicht zulassen", betont Neher. So genannte vorgelagerte Sicherungssysteme wie das Krankengeld müssten entsprechend einer alten Forderung der Caritas "armutsfest" gemacht werden. Konkret bedeutet das: die Vollzeitbeschäftigten dürfen über die Krankengeldleistung nicht unter das Niveau des ihnen rechnerisch zustehenden Sozialhilfesatzes kommen. Bei den Kürzungen wäre so wenigstens ein existenzsichernder Sockel eingebaut.
Der Kommentar von Caritaspräsident Dr. Peter Neher erscheint am Donnerstag, 18. September 2003, in der Zeitschrift "neue caritas", Heft 16/2003.
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