BERLINER MORGENPOST: Und Geld stinkt doch! Leitartikel von Miguel Sanches zu den zwei Großspenden für die AfD
Berlin (ots)
AfD-Leute unterliegen den gleichen Versuchungen wie die von ihnen kritisierten Altparteien. Es gibt keine Partei ohne Fehltritte, die AfD-Konkurrenz hat darin mehr Übung. Manchmal ging es ums große Geld, manchmal um kleinste Münze, ein paar Bonusmeilen, einen Edelfüller auf Staatskosten. Irgendwann sitzt jeder in der Tinte.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hat mehr als nur einen hässlichen Fleck an der Bluse. Die AfD in ihrem Wahlkreis am Bodensee hat zwei Spenden angenommen, die zum Himmel stinken, obwohl man vom Geld das Gegenteil behauptet. Stutzig macht schon die Größenordnung: 130.000 Euro und 150.000 Euro. Das sind nach dem Gesetz und dem allgemeinen Empfinden Großspenden.
Dazu kommt, dass die Spenden aus dem Ausland kommen, aus der Schweiz und den Niederlanden. Im Schweizer Fall gibt es kein Vertun. Die Schweiz gehört nicht der EU an - Parteispenden ab 1000 Euro aus solchen Staaten sind nach dem Gesetz unzulässig. Die illegalen Zahlungen müssen entweder sofort zurückgewiesen oder dem Bundestagspräsidenten ausgehändigt werden.
Weidel hat dafür Monate gebraucht. Der Spender, ein Pharmaunternehmer, hatte nach eigenen Worten im "Auftrag eines Geschäftsfreundes" gehandelt. Wir reden von einem Strohmann und einem Spender, der seine Identität geheim halten möchte. Zudem wurde die Summe in viele kleinere Spenden aufgeteilt - da hat einer in die Trickkiste der Parteienfinanzierung gegriffen.
Der ganze Vorgang ist dubios. Die Spende kann man Weidel nicht vorwerfen - wohl aber, dass ihre Reflexe versagt haben und dass sie aus der Erfahrung im Wahlkampf 2017 nichts gelernt hat. Denn Mitte Februar nahm die Bodensee-AfD schon die nächste Spende an, die nicht koscher anmutet. Auch hier brauchte Weidel noch drei Monate, um das Geld zurückzuweisen, und noch länger, um den Vorgang zu melden. Und zwar erst dann, als es nicht mehr anders ging, weil einige Medien schon dahintergekommen waren.
Vor langer Zeit gab es in Deutschland eine Rücktrittskultur. Gelegentlich, zugegeben selten, sind Politiker sogar für Vergehen zurückgetreten - Rudolf Seiters für den Vorfall in Bad Kleinen -, ohne sich persönlich schuldig gemacht zu haben, sondern um zu ihrer Verantwortung zu stehen. Das Risiko besteht bei Weidel nicht. Sie ist eine ganz gewöhnliche Politikerin.
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