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WAZ: Klimagipfel in New York - Reden wir über das Wetter? - Leitartikel von Jürgen Polzin

Essen (ots)

Es wird die Woche der Krisen. Am Dienstag trafen
sich 100 Staats- und Regierungschefs in New York zu einer Art 
Sondergipfel der UN zum Klimaschutz. Am Donnerstag beraten in 
Pittsburgh die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer über 
Antworten auf die Finanzkrise. Beide Krisen, die der Umwelt und die 
des Kapitals, stellen die politischen Entscheidungsträger vor die 
Wahl: Reden wir über das Wetter? Oder wollen wir verändern?
In den Klimaschutzverhandlungen läuft die Zeit ab. Drei Monate 
bleiben den Verhandlungsführern. Dann wird in Kopenhagen an zwölf 
Konferenztagen darüber verhandelt, ob und wie der Schutz des Klimas 
weiterhin völkerrechtlich verbindlich geregelt wird. Es geht um die 
Frage, ob die Industriestaaten willens sind, bei den 
Kohlendioxid-Emissionen eine Vollbremsung hinzulegen. Ob aufstrebende
Schwellenländer wie China oder Indien Wachstumsgrenzen akzeptieren, 
auch wenn es andere sind, die auf Kosten der Umwelt wirtschafteten 
und Wohlstand erlangten. Und es geht um Gerechtigkeit: Wie viel Geld 
und welche Technologien sollen die armen Länder erhalten, damit sie 
sich an die Folgen der Klimaveränderungen anpassen können? Noch 
einmal: Es geht um einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag. 
Scheitert der Kopenhagener Gipfel, würde aus dem Klimaschutz eine 
Option, die man wählen oder lassen könnte. Nicht das Klimageschehen, 
sondern das Nichtstun wäre die Katastrophe.
Gleichzeitig steht das Fenster der Möglichkeiten so weit offen 
wie lange nicht. China kündigte in New York an, Klimaschutz-Auflagen 
zu akzeptieren, wenn die USA mitziehen. Indien will auf erneuerbare 
Energien setzen. Japan denkt über den Einstieg in den Emissionshandel
nach. Auf der anderen Seite wächst der Druck auf US-Präsident Barack 
Obama, der mitten in der Wirtschaftskrise von den innenpolitischen 
Realitäten eingeholt wird: Seine mutigen Klimagesetze hängen im 
US-Senat fest. In New York beschwor er die Dringlichkeit des 
Problems. Doch ob er sein Versprechen, den Klimaschutz unter 
Federführung der USA wiederzubeleben, wirklich einlösen kann, ist 
offen.
Deutschland, Wortführer der EU, könnte das große Pokern ums Klima
lenken. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel schickte eine 
Videobotschaft nach New York und ließ sich durch Bundesumweltminister
Sigmar Gabriel (SPD) vertreten. Man erinnert sich an Zeiten, da 
ließen sich beide in roten Anoraks vor schmelzenden Gletschern 
ablichten. Reden wir also nur übers Wetter?

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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