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Westfalenpost: Zwei Deutschlands Hier Jubel, da politische Verstimmung

Hagen (ots)

Von Bodo Zapp
Es gibt in diesen Tagen zwei Deutschlands.
 Die gefühlte Wirklichkeit: Das ist die pure Freude über den Auftritt
der Fußball-Nationalelf. Quer durch alle Schichten und alle Parteien.
Deutschland einig Feierland: Geniessen wir es! All die Befürchtungen 
über Massenkrawalle im Umfeld der Weltmeisterschaft und über das 
frühe Ausscheiden "unserer" Jungs sind Schnee von gestern. Heute 
scheint die Sonne.
 Politische Wirklichkeit: Das ist ein zähes Ringen um Reformen, um 
Deutschlands Zukunftsfähigkeit. In den Stadien und vor den Fernsehern
sehen die Menschen eine Gute-Laune-Kanzlerin, der man die 
Begeisterung und das Mitfiebern abnimmt. Das andere Gesicht von 
Angela Merkel in den zur Regel gewordenen 
Sonntagabend-Koalitionsrunden können wir uns denken: Sorgenvoll, 
mitunter wohl auch etwas grantig. Wenn es statt des Glücksfalls WM um
den Sanierungsfall Deutschland geht, wie sie die Finanzlage der 
Nation bezeichnete, ist Schluss mit guter Stimmung.
 Die Aufregung mancher SPD-Politiker über Merkels "Sanierungsfall" 
ist ein gutes Stück Aufplusterei. Wie sonst soll man die 
Handlungsnöte angesichts der unanständig hohen Staatsverschuldung 
nennen?
 Deutlich wird jetzt aber auch: Außenpolitischer Glanz ist leichter 
zu erringen als innenpolitische Anerkennung. Merkel hat es bisher 
verpasst, der Reformdiskussion ihren eigenen Stempel aufzudrücken. 
Kritik, dass sie sich über diesen Stempelaufdruck selbst nicht ganz 
im Klaren ist, kommt nicht von ungefähr.
 Interview-Einwürfe wie die von SPD-Fraktionschef Struck, dass die 
Mehrwertsteuer-Erhöhung nicht notwendig gewesen sei und ihm ein 
entscheidungsfreudigerer Kanzler Schröder lieber wäre, sind ein 
Spiegel der Koalitions-Wirklichkeit. Es knirscht. Struck und einigen 
anderen Genossen, die nicht nur bei der Gesundheitsreform ihre Linie 
durchsetzen wollen sollte vielleicht noch einmal gesagt werden, dass 
die SPD die Wahl verloren hat.
 Die Gefahr, dass unter der selbstgesetzten Terminnot vor den Ferien 
wichtige Reformen wieder einmal zu eiligen Murks-Kompromissen 
geraten, ist groß. Stoibers Vorschlag, die Entscheidungen über 
Gesundheitskosten und Unternehmenssteuern notfalls zu verschieben, 
ist nicht unvernünftig. Der noch größere Griff in den Steuersäckel um
des Koalitionsfriedens willen wäre ein Vergehen an allem, was vor der
Wahl gesagt wurde.
 Konsens ist gut. Reformen, die halten, was sie versprechen, sind 
besser.

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Westfalenpost
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Telefon: 02331/9174160

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