Ölverschmutzung in der russischen Komi-Region: Russischer Arzt warnt vor Krebsgefahr
Berlin (ots)
In der russischen Ölförderregion Komi, einem der Herkunftsgebiete deutschen Rohöls, liegt die Krankheitsrate höher als in jeder anderen Region Russlands. Experten vermuten einen Zusammenhang zwischen der gigantischen Ölverschmutzung durch marode Pipelines und dem Leiden der Menschen an Krebs, Lungen- und Bluterkrankungen sowie Schäden am Immun- und Nervensystem. Das gab der russische Krebsexperte Professor Veniamin Khudoley heute auf einer Pressekonferenz von Greenpeace in Berlin bekannt.
Professor Khudoley, Arzt aus Sankt Petersburg und Krebsexperte der Internationalen Akademie für Krebsforschung IARC sagte: "Im Zeitraum von 1995 bis 1997 waren 90 Prozent aller Einwohner in Komi krank. Wir haben nach Öl riechendes Trinkwasser und hohe Ölkonzentrationen in Fisch festgestellt. Die dauerhafte Belastung mit Öl in Wasser, Böden und Nahrung erhöht die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken."
Nach bisher unveröffentlichten offiziellen Berichten, die Greenpeace in Moskau zugespielt wurden, sind derzeit etwa 700 Hektar Taiga in Komi mit 130.000 Tonnen Öl verschmutzt. Diese Fläche entspricht fast dem 100-fachen des Roten Platzes in Moskau. An Sammelstellen sind weitere 90.000 Tonnen Öl und Ölreste in offenen Erdlöchern gelagert. Insgesamt verseuchen damit 220.000 Tonnen Öl die Ölfördergebiete nahe der Stadt Usinsk.
Deutsche Mineralölfirmen beziehen mehr als ein Viertel ihres Öls aus Russland. "Mit High-Tech-Raffinerien im Westen hört die Verantwortung der Ölkonzerne für die Umwelt nicht auf. Deutsche Ölkonzerne haben auch eine Mitverantwortung für das, was dort geschieht, wo ihr Öl herkommt", sagt XXX von Greenpeace Russland.
Die Komi-Republik liegt im Nordosten des europäischen Russland, etwa 2000 Kilometer entfernt von Moskau. Die Ölförderregion war im Herbst 1994 bekannt geworden, als eine Ölpipeline nahe der Stadt Usinsk brach und rund 100.000 Tonnen Rohöl ausliefen. Trotz der Leckagen war Öl durch die Pipeline gepumpt worden, bis diese vollständig abriss. Der Unfall ist nur einer von vielen Ölunfällen in den russischen Erdölgebieten.
Bei Recherchereisen im Mai und Juni gelang es Greenpeace, drei von sieben Orten zu besuchen, die 1994 durch große Leckagen verseucht wurden. Trotz abgesperrter Straßen und ständiger Sicherheitskontrollen durch die dort tätige russische Erdölfirma LUKoil entdeckte Greenpeace 20 neue Öllecks, zwei davon mindestens 20 Hektar groß.
Bis 2010 plant LUKoil, eine der größten Ölgesellschaften der Welt, in Komi und der Nachbarregion Nenets Investitionen von fast fünf Milliarden US-Dollar. Die Ölförderung soll wieder drastisch steigen. Greenpeace warnt davor, dass das bisher weitgehend unberührt gebliebene Tundragebiet der Nenetsregion in fünf bis zehn Jahren ähnliche Probleme haben könnte wie die Komi-Region.
Achtung Redaktionen: Rückfragen bitte an den Öl-Experten Christian Bussau, Greenpeace Deutschland Tel. 0171-8780-820 sowie Pressesprecherin Carmen Ulmen, Tel.: 0171-8780-840. Aktuelles Beta-SP-Material über die Umweltverschmutzung in der Komi-Region unter 040-30618-375, Fotomaterial - auch per Leonardo - unter 040-30618-376. Internet: www.greenpeace.de
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