Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Bundestagswahl
Köln (ots)
Konfliktstoff
NORBERT WALLET, Berlin, zur Bundestagswahl
Es hat also doch gereicht. Allen demoskopischen Kassandra-Rufen des Wahlkampf-Endspurts zum Trotz. Die zuletzt zähe Zeit der großen Koalition ist zu Ende. Nun wird Deutschland bald wieder von einem schwarz-gelben Bündnis, das sich als Koalition der Mitte versteht, regiert werden.
Das ist durchaus, bei aller Enttäuschung über die Stagnation der Union, ein Triumph für die Kanzlerin. Die musste sich für ihre ungewöhnliche Wahlkampfführung viel Kritik gefallen lassen. Sie sei zu leise, zu harmlos. Und diese Kritik war nur zu verständlich. Aber gut, Merkel hat ihr Ziel erreicht.<$7> Ihr wenig aufregender Wahlkampf hat die SPD-geneigten Wähler eingeschläfert, ohne die eigenen Anhänger vollends mit zu narkotisieren. Wer mag, kann das eine taktisch reife Leistung nennen. <$0>
Das aber ist schon Vergangenheit. Und die Zukunft? Union und FDP versuchen ihr Bündnis als Aufbruch in eine dynamischere Zukunft zu verkaufen. Dafür jedoch, dass Schwarz-Gelb reibungslos funktionieren wird, gibt es nicht viele Anzeichen. Dagegen spricht die tatsächliche Lage. Es kann niemand glauben, dass für die gewaltigen staatlichen Vorleistungen zur Krisenbewältigung niemand die Zeche zu zahlen hat. Das Gegenteil ist der Fall. Es stehen harte Sparanstrengungen bevor. Unpopuläre Entscheidungen sind zu treffen, die im schroffen Gegensatz zur Entlastungsrhetorik des FDP-Wahlkampfes stehen. Die Hakeleien im neuen Bündnis werden schon deshalb heftig ausfallen. Die beiden Partner trennt mehr als zu Zeiten der Ära Kohl/Genscher. Die Union hat die Bedeutung klarer staatlicher Rahmenbedingungen der Wirtschaft wiederentdeckt, während die FDP unter der Führung Guido Westerwelles den Rückzug des Staates propagiert. Das wird Stoff für Konflikte geben.
Aber besser streiten in der Regierung als leiden in der Opposition. Die SPD steht nach einem desaströsen Ergebnis am Abgrund. Sie muss nun knallhart entscheiden: Zurück zur Zeit vor Godesberg und ein herzhaftes Ranschmeißen an die Linkspartei - oder ein klares Bekenntnis zu einem pragmatischen Mitte-Kurs. Es kann die Partei zerreißen. Einen oppositionellen Überbietungswettbewerb mit den Lautsprechern von links außen kann die SPD jedenfalls nicht gewinnen. Aber das sieht nicht jeder in der SPD so. Stein^meier immerhin hat das verstanden. Er will als Oppositionsführer die Zügel in der Hand behalten. Zügel, die Franz Müntefering entglitten sind. Wenn Steinmeier konsequent ist, strebt er jetzt nach der ganzen Macht in der SPD.
Vorbei allerdings scheint die Zeit der Volksparteien. Die Großen werden kleiner, die Kleinen größer - damit wird der politische Prozess noch schwerer vermittelbar.
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