CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Lamers: Kosovo-Politik aus der Sackgasse führen
Berlin (ots)
Ein Jahr nach Beginn der Nato-Luftangriffe gegen die BR Jugoslawien erklärt der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers MdB: Die Kosovo-Politik der internationalen Staatengemeinschaft befindet sich in einer Sackgasse. Ernüchterung und Enttäuschung über die un-befriedigende Entwicklung im Kosovo sowie Ratlosigkeit über den ein-zuschlagenden Weg sind weithin spürbar. Die Bundesregierung aber weigert sich, diese Realität anzuerkennen und Konsequenzen zu ziehen.
Ein Jahr nach Beginn der NATO-Luftangriffe gegen die BR Jugoslawien, mit denen die Massaker an der albanischen Bevölkerung und ihre Vertreibung aus dem Kosovo gestoppt und dadurch eine humanitäre Katastrophe abgewendet wurde, zeigt sich, dass die Spannungen zwischen Albanern und Serben im Kosovo und den angrenzenden Teilen Serbiens trotz der Bemühungen der UN-Mission im Kosovo (UNMIK) und ihrer militärischen Absicherung durch KFOR nicht nach-lassen. Im Gegenteil, die gegenseitigen Übergriffe beider Volksgruppen nehmen wieder zu. UNMIK und KFOR stoßen zunehmend an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Der Zeithorizont für ihren Verbleib wird inzwischen eher nach Jahrzehnten, denn nach Jahren veranschlagt.
Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte im ehemaligen Jugoslawien, Jiri Dienstbier, hält die UN-Mission im Kosovo bislang für einen "totalen Fehlschlag". Das Ziel der UN-Mission, ein multiethnisches, demokratisches Kosovo zu schaffen, habe sich in der jetzigen Situation als unerreichbar erwiesen. Auch UNMIK-Leiter Bernard Kouchner hält eine Aussöhnung zwischen Serben und Albanern in der Provinz derzeit für absolut unmöglich und wird darin von KFOR-Kommandeur Klaus Reinhardt unterstützt. Bernard Kouchner fordert deshalb, die Diskussion über die politische Zukunft des Kosovo zu führen. EU-Kommissionspräsident Prodi fordert gänzlich neue Pläne von der EU und ein hartnäckiges politisches Engagement, um auf dem Balkan einen dauerhaften Frieden zu erreichen.
Die Bundesregierung jedoch verweigert sich dieser Diskussion, obwohl doch Klarheit in diesen Fragen für die Perspektive der Bevölkerung vor Ort und ihre Bereitschaft, sich für den Frieden zu engagieren von elementarer Bedeutung ist. Mit einer Politik des "Augen zu und durch" aber lässt sich der Kosovo weder stabilisieren noch befrieden.
Vielmehr gilt es, Konzepte für eine politische Ordnung im Kosovo und der gesamten Region zu entwickeln, die soweit von allen getragen werden kann, dass Frieden und Stabilität in der Region möglich und die Probleme bei der Errichtung dieser selbsttragenden politischen Ordnung in einem begrenzten Zeithorizont lösbar werden. Die Bundesregierung ist aufgefordert, Konzepte für eine entsprechende Weiterentwicklung der UN-Resolution 1244 auszuarbeiten und sich dafür auch nachdrücklich in der Europäischen Union, der Kontaktgruppe und der UNO einzusetzen.
Die Diskussion über die politische Zukunft des Kosovo und der Region muss vorurteilsfrei geführt werden. Wenn es zur Versöhnung der Trenn-ung bedarf, können wir sie dann den Menschen verbieten? Wenn es zwischen dem ethnischen Anspruch der Albaner und dem historischen Anspruch der Serben eines Kompromisses bedarf, können wir ihn ihnen dann verweigern? Die internationale Staatengemeinschaft wird nicht in der Lage sein, den Menschen die Art und Weise ihres Nebeneinanders und Miteinanders zu diktieren. Sie wird noch weniger in der Lage sein, dieses gegen den Willen der Menschen langfristig durchzusetzen.
Die weitere Entwicklung auf dem Balkan könnte eine weitere Fragmentierung zur Folge haben. Unsere Aufgabe ist es in jedem Fall, die regionale Integration nachdrücklich zu fördern. Dies könnte im Rahmen einer Art Balkan-Euroregion geschehen, die sich aus dem Stabilitätspakt entwickeln könnte. Sie würde den Grenzen ihren trennenden Charakter nehmen. Diese Perspektive ist für die langfristige Entwicklung in der Region wichtiger als Grenzen. Mit dieser Perspektive wird es der westlichen Staatengemeinschaft leichter fallen, die Diskussion über eine selbsttragende politische Ordnung auf dem Balkan zu führen und sie vor dem Risiko eines jahrzehntelangen militärischen Engagements auf dem Balkan bewahren. Das Urteil darf am Ende nicht lauten: Krieg gewonnen, Frieden verloren.
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