CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Koschyk: Überarbeitete Naumann-Konzeption zur"Vertriebenenkulturarbeit" enthält weiter massive Vorbehalte gegen Vertriebene
Berlin (ots)
Zu der überarbeiteten Konzeption zur "Vertriebenenkulturarbeit" des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien erklärt der vertriebenenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk MdB:
Die überarbeitete Konzeption zur Förderung der "Vertriebenenkulturarbeit" des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Staatsminister Dr. Naumann, enthält weiterhin deutliche Vorbehalte gegen die Vertriebenen selbst, deren Einfluss auf die Pflege ihres Geschichts- und Kulturerbes erheblich begrenzt werden soll. Die überarbeitete Konzeption will Staatsminister Dr. Naumann am 19. Juni 2000 mit den betroffenen Einrichtungen erörtern. Sein vorgelegter Entwurf gibt hinsichtlich zahlreicher konkreter Auswirkungen der ins Auge gefassten Umstrukturierungen lediglich einen innerbehördlichen Diskussionsstand wieder. Allerdings zeigt sich an vielen Punkten die konzeptionelle Unausgewogenheit des Entwurfes und damit letztlich das Diktat des Rotstiftes.
Weiterhin nur geringen Wert misst der Bundeskulturbeauftragte der kulturellen Breitenarbeit, die in der Vergangenheit im Wesentlichen von Vertriebenen für Vertriebene selbst geleistet wurde, bei. Die kulturelle Breitenarbeit sei "bislang üppig gefördert" worden - im Zusammenhang gelesen bedeutet dies: zu üppig gefördert worden. Die Betonung professioneller Zusammenarbeit auf musealen und wissenschaftlichen Gebieten hingegen soll vor allem die Erlebnisgeneration der Vertriebenen und die Vetriebenenorganisationen und Landsmannschaften zurück drängen. Bei der künftigen Förderung von Einzelprojekten will sich der Bundeskulturbeauftragte schwerpunktmäßig auf solche Maßnahmen konzentrieren, die dem Kulturaustausch zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn, der Pflege und Sicherung des gemeinsamen historischen Erbes und der Weiterentwicklung der Verständigung zwischen den Menschen dienen. So richtig und wichtig dieser Ansatz ist, betreibt er doch eine Engführung und damit eine Einschränkung des gesetzlichen Auftrages, der Bund und Länder verpflichtet, "das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten". Der umfassende Kulturförderauftrag des Bundesvertriebenengesetzes wird durch die Pläne des Bundeskulturbeauftragten letztlich ausgehöhlt.
An der Entscheidung, die institutionelle Förderung des Ostdeutschen Kulturrates und der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen zum 1. Juli 2000 zu beenden, hält der Bundeskulturbeauftragte trotz massiver Bedenken offensichtlich fest. Diese Entscheidung ist um so fragwürdiger, als die überarbeitete Konzeption eine "Weiterführung von im Bundesinteresse liegenden Aufgaben des Ostdeutschen Kulturrates und der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen" für notwendig erachtet, nachdem von der Einrichtung einer zentralen Kulturstiftung inzwischen Abstand genommen worden ist.
Auch andere bewährte Institutionen wird der Förderentzug treffen. So sollen die institutionellen Zuwendungen an den Göttinger Arbeitskreis zum 31. Dezember 2000 eingestellt werden. Über weiteren Einrichtungen hängt ebenfalls das Damokles-Schwert des Förderentzugs. So genießt das Westpreußische Landesmuseum am Standort Münster nur so lange Bestandsschutz, wie die planerischen und vor allem finanziellen Voraussetzungen für eine Integration des Westpreußischen Landesmuseums für eine zentrale west- und ostpreußische Einrichtung in Lüneburg nicht erfüllt sind. Für die Bestände des Schaufensters Schlesien in Königswinter und den musealen Bereich des Hauses Oberschlesien in Ratingen-Hösel droht mittelfristig ebenfalls eine Zentralisierung beim Schlesischen Museum in Görlitz.
An anderen Stellen zeigt sich der Vorrang des Rotstiftes vor konzeptionell durchdachten Lösungen besonders deutlich. Der Bundeskulturbeauftragte muss zugeben, dass ein zentrales Museum für die Sudetendeutschen nicht besteht. Daraus folgt für ihn aber weder die Aufforderung zu einem Aufbau eines solchen noch die Bereitschaft, die bestehenden Regionalmuseen (Egerland-Museum in Marktredwitz und Isergebirgs-Museum in Kaufbeuren/ Neugablonz) durch Bundesmittel zu fördern. Hierzu sei es "wegen der Sparzwänge der öffentlichen Hand nicht gekommen"; auch eine "zukünftige Realisierung" stehe nicht an. Unklar bleibt, welche kulturgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen den Siebenbürger Sachsen und den Donauschwaben bestehen, da der Bundeskulturbeauftragte zum Zwecke der Herstellung "eines wirkungsvollen Verbunds mit dem Donauschwäbischen Zentralmuseum" in Ulm das Siebenbürgische Museum, das sich in Gundelsheim befindet, nach Ulm verlagern will.
Der Ostdeutschen Galerie in Regensburg bescheinigt der Bundeskulturbeauftragte immerhin einen "anerkannten Ruf" aufgrund seiner wertvollen Sammlungen und seiner qualifizierten Ausstellungen. Kurios ist deshalb, dass sich der Bundeskulturbeauftragte fragt, "was das Spezifische dieses Museum ist, um eine institutionelle Förderung auf Dauer zu rechtfertigen". Diese Frage kann nur stellen, wer die vielfältige Pflege des Kultur- und Geschichtserbes der deutschen Heimatvertriebenen in das Prokrustesbett eines historisch-geographisch fragwürdigen Regionalprinzips zwängen will. An verschiedenen Stellen macht der Bundeskulturbeauftragte überdies deutlich, dass er den historisch-geographischen Begriff "ostdeutsch" bei zahlreichen Einrichtungen wie etwa dem Bundesinstitut für Ostdeutsche Kultur und Geschichte mit Sitz in Oldenburg tilgen will. Zumindest bei diesem Bemühen zeigt sich Staatsminister Dr. Naumann höchst konsequent. Insgesamt ist festzustellen, dass der Bundeskulturbeauftragte aufgrund massiver, aber berechtigter Kritik an seiner ursprünglichen Neukonzeption in einigen Punkten einlenken musste. Es bleibt jedoch bei einer Gesamtbewertung dabei, dass die Zielrichtung seiner Neukonzeption den Gesetzesauftrag zur Förderung der "Vertriebenenkulturarbeit" aushöhlt, dass im Ergebnis bewährte Einrichtungen zerschlagen werden und dass für andere Einrichtungen der Tod auf Raten eingeleitet wurde. Im Interesse der Vielfalt und der Pluralität ist zu hoffen, dass sowohl die Erörterung des Konzeptes mit den betroffenen Einrichtungen als auch die Diskussion mit den Bundesländern dazu beitragen werden, die schlimmsten Auswirkungen der überarbeiteten Neukonzeption zu verhindern. Auch für die Förderung des Geschichts- und Kulturerbes der deutschen Heimatvertriebenen muss der kulturpolitische Grundsatz gelten, dass Zuwendungen nicht von politischer oder sonstiger Wohlgefälligkeit abhängig gemacht werden dürfen.
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