CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Koschyk: Deutsche Minderheit in Russland legt Konzept zur kulturellen und politischen Wiederbelebung vor - Bundesregierung soll Vorschläge ernsthaft prüfen
Berlin (ots)
Nach einem Gespräch mit russlanddeutschen Vertretern des Koordinierungsrates russlanddeutscher Verbände, nationaler-territorialer Gebietskörperschaften und der allrussischen gesellschaftlich-politischen Bewegung "Wiedergeburt" erklärt der vertriebenenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk MdB:
Eine Delegation aus Vertretern des Koordinierungsrates russlanddeutscher Verbände und nationaler-territorialer Gebietskörperschaften sowie der allrussischen gesellschaftlich-politischen Bewegung "Wiedergeburt" hat in Berlin politische Gespräche mit Fraktionen und Ausschüssen des Deutschen Bundestages sowie mit verschiedenen Regierungsstellen geführt. Hierbei wies die russlanddeutsche Delegation auf die derzeitige Situation der russisch-deutschen Zusammenarbeit vor allem mit Blick auf die gegenwärtigen Probleme der Russlanddeutschen hin. Bei Gesprächen mit Vertretern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellte die Delegation ein Positionspapier vor, das Maßnahmen für Verbesserungen der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Situation der Deutschen in Russland vorschlägt. Die Bundesregierung ist aufgefordert, die in dem Positionspapier unterbreiteten Vorschläge der deutschen Minderheit in Russland ernsthaft zu prüfen und darüber mit den Vertretern der deutschen Minderheit in Russland und der russischen Regierung in einen intensiven Dialog einzutreten.
Das am 10. Juli 1992 unterzeichnete Protokoll über die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland hat nach Auffassung der russlanddeutschen Vertreter eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der schrittweise erfolgten Rehabilitation der Russlanddeutschen gespielt, in dem es die Voraussetzungen für die Bildung zweier nationaler Regionen, für die Entwicklung einer Reihe von durch Russlanddeutsche kompakt besiedelte Territorien, für das Erstarken des eigenen Selbstbewusstseins und für die Herausbildung einer verbesserten Selbstorganisation schuf. Zugleich habe sich die Lage der deutschen Minderheit in Russland in den zurückliegenden Jahren erkennbar gewandelt. So sei eine deutliche Verringerung des deutschen Bevölkerungsteils in Russland vor allem durch Aussiedlung nach Deutschland zu verzeichnen gewesen. Nicht zuletzt angesichts der nicht in Angriff genommenen Wiederherstellung der eigenen Staatlichkeit in Russland (Wolgarepublik) sehe sich die deutsche Bevölkerung in Russland vor unklare Zukunftsaussichten gestellt. Nach wie vor drohe ein ethnischer Zerfall der deutschen Minderheit in Russland.
Aus diesem Grunde müsse durch ein zusätzliches russisch-deutsches Regierungsabkommen die Situation der Deutschen in Russland stärker abgesichert und ihnen eine vernünftige Perspektive hinsichtlich ihrer Selbstorganisation gegeben werden. Letztlich müsse das Ziel der Bemühungen darin bestehen, die Bedingungen für eine vollwertige Wiederherstellung des ethnisch-kulturellen Potentials der Russlanddeutschen und dessen weitere Fortentwicklung zu schaffen.
Die deutsche Minderheit in Russland müsse zielgerichtet gefördert werden, damit sich die eigene Identität festigen und sich ein nationales Bewusstsein herausbilden könne. Ein Schwerpunkt der Förderung müsse im Bereich der Kultur gesetzt werden. Weiterhin bedürfe es einer intensiven Unterstützung der deutschen Kulturzentren. Diese seien mit moderner Informationstechnologie auszustatten, die auch Kommunikationsmöglichkeiten nach Deutschland erlaubten. Auch das Wiederbeleben der deutschen Sprache als Muttersprache für die Russlanddeutschen bedürfe großer Anstrengungen. Hierzu müsse das vorhandene Bildungssystem entsprechend weiterentwickelt werden, so dass eine Intensivierung der sprachlichen Ausbildung, z.B. durch deutschsprachigen Fachunterricht oder Deutsch-Unterricht bereits in Vor- und Grundschulen, ermöglicht werde. Zur Wiederbelebung der kulturellen Eigenart gehöre auch die Stärkung religiöser Traditionen.
Neben der kulturellen Sphäre erfordere auch der Infrastrukturbereich in den Gebieten, die kompakt von Russlanddeutschen besiedelt werden, eine nachhaltige Unterstützung. Im Rahmen der russischen Gesetzgebung müsse eine vollständige Rehabilitierung der Russlanddeutschen angestrebt werden. Darüber hinaus müssten die Rahmenbedingungen für eine effizientere Selbstorganisation der russischen Minderheit verbessert werden.
Für derartige Maßnahmen trüge sowohl die russische als auch die deutsche Seite Verantwortung. Das für erforderlich gehaltene zusätzliche Regierungsabkommen müsse deshalb weitreichende Formen der Zusammenarbeit eröffnen, die im Rahmen der deutsch-russischen Beziehungen erhöhtes Gewicht erhalten müsse.
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