"Lehrer haben zu wenig Distanz zu ihrer Arbeit"
Gabriele Behler,
nordrhein-westfälische Bildungsministerin, in der ZEIT
Hamburg (ots)
Gabriele Behler, Ministerin für Schule, Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen, warnt davor, die deutschen Schulen nach den schlechten Ergebnissen der internationalen Schulstudie Pisa durch Richtlinien und Anweisungen von oben verbessern zu wollen. "Schulen sind resistent gegenüber verordneten Veränderungen", sagt die SPD-Politikerin in einem Gespräch mit der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Da kann ich als Ministerin noch so viele Erlasse verkünden, den Alltag in der Schule berührt das nur marginal. Stattdessen müsse man den Schulen in Zukunft mehr Freiraum einräumen, damit sie selbstverantwortlich an der notwendigen Verbesserung des Unterrichts arbeiten.
Zugleich kritisiert sie die "fehlende Distanz vieler Lehrer zum eigenen Handeln". Viele deutsche Pädagogen sähen "sich als Person infrage gestellt, anstatt Hilfe und Nutzen zu erwarten, wenn ihnen jemand beim Unterricht zuschauen möchte." Dabei hätten Lehrer einen sicheren Arbeitsplatz, müssten keine Sanktionen befürchten. "Doch die große Sicherheit deutscher Lehrer entspricht nicht ihrer gefühlten Wirklichkeit. Solange diese Bunkermentalität vorherrscht, wehren sie sich vehement gegen alle Ansätze, die Klassentüren für Kollegen zu öffnen."
Im Gespräch mit der ZEIT kritisierte die Bildungsministerin zudem die "in Ritualen erstarrte Bildungsdebatte" der vergangenen Jahre in Deutschland. Jeder glaube in Schulfragen "kompetent zu sein, schließlich ist jeder einmal zur Schule gegangen. Deshalb weiß auch jeder stets, dass andere die Schuld tragen, wenn etwas mit der Schule schief läuft." Dadurch sei das deutsche Schulsystem geprägt "von einer organisierten Unverantwortlichkeit, in der sich jeder hinter dem anderen verstecken kann".
Das komplette ZEIT-Interview (DIE ZEIT Nr. 51, EVT 13.12.2001) zu dieser Meldung stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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