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Schwäbische Zeitung: Buckeln vor den Märkten - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Die Rating-Agentur S&P droht Deutschland mit Aberkennung der Bestnote. Aufgebracht schreien nun alle durcheinander. Die einen wittern eine Verschwörung angelsächsischer Analysten gegen das alte Europa. Andere verklären die Rating-Agentur zu einer objektiven Instanz, die der Regierung die verdiente Quittung ausstellt. Aber haben Rating-Agenturen diese Beachtung verdient? Mit welchem Recht beanspruchen die Märkte das letzte Wort für sich?

Wenn Politiker heutzutage über die Euro-Rettung reden, adressieren sie in Wahrheit nicht die Bevölkerung, sondern sprechen zu den Märkten. Ausschläge an Aktienbörsen gelten als Gradmesser für den Erfolg eines Maßnahmenbündels. Und die Rating-Agenturen? Sie liefern den Märkten die Munition. Sie mischen sich in die Politik ein und senken den Daumen über die Kreditwürdigkeit eines Staates. Ein schlechtes Testat bürdet einem Land milliardenschwere Zinslasten auf. Die Märkte folgen den Bewertungen sklavisch. Im Herdentrieb entziehen sie Ländern mit schlechter Bonität das Vertrauen. Das wiederum führt dazu, dass Rating-Agenturen noch argwöhnischer werden.

Dieses aberwitzige Treiben gehört entzaubert. Denn in Rating-Agenturen sitzen keine Superhirne, sondern Buchhalter und Ökonomen, die Statistiken wälzen und Urteile fällen, denen man zustimmen kann oder auch nicht. Urteile, deren Bezugsrahmen das Gewinnstreben einzelner Investoren ist. Und die Märkte, die die Bewertungen begierig aufsaugen, sind weder weise noch vorausblickend. Üblicherweise handelt es sich um getriebene Händler, die auf ihre Rechenmodelle stieren, Entscheidungen an Computer delegieren und sich in erster Linie um ihr Wertpapierdepot sorgen.

Merkel und Sarkozy täten also gut daran, auf die Meinung solch kurzatmiger Märkte zu pfeifen. Wer epochale Entscheidungen zu treffen hat, muss aufgeregtes Geschnatter überhören. Es ist höchste Zeit, den Primat der Politik wiederherzustellen statt vor den Märkten zu buckeln.

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