Schwäbische Zeitung: Es fehlt an Energie - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Die deutsche Wirtschaft ist entsetzt über den energiepolitischen Zustand der Republik. Zu Recht. Denn die wichtigsten Vorhaben der Energiewende stocken. Zunächst einmal: Die energetische Gebäudesanierung, die Wende im Heizungskeller lässt weiter auf sich warten. Dabei ist die Energieeinsparung bei Gebäuden einer der wichtigsten Pfeiler der Energiewende überhaupt. Doch die Länder verweigern im Hinblick auf die Schuldenbremse ihren Beitrag, und der Bund will nichts drauflegen. Diese Sturheit ist ein Drama, könnte man doch ein großes Konjunkturprogramm auslösen. Schließlich liebt der deutsche Steuerzahler nichts so sehr wie einen Steuerbonus für Investitionen. Viele Hausbesitzer, selbst solche die vorher nicht an Sanierung gedacht haben, könnten so gelockt werden.
Es gibt wenig lohnendere Maßnahmen im Zuge der Energiewende, als beim Heizen Energie einzusparen. Der Wärmemarkt macht 40 Prozent des Energieverbrauchs aus. Von der Reduzierung der Kohlendioxidemissionen ganz zu schweigen. Zwei Prozent des Gebäudebestands sollte in Deutschland jährlich energetisch saniert werden, das ist wenig genug. Doch selbst dieses magere Ziel wird die Bundesregierung kaum erfüllen, wenn sie sich nicht bald mit den Ländern einigt.
Nicht viel besser sieht es derzeit auf anderen Baustellen aus. Von einem Vorwärtskommen beim Netzausbau kann noch keine Rede sein, Speicherkapazitäten fehlen, und insgesamt ergibt sich bei den Zuständigkeiten ein verwirrendes Bild. Hingebungsvoll streiten Minister Rösler und Minister Röttgen über die Photovoltaik, gleichzeitig bringt der Handel mit Zertifikaten nicht genug Geld für die Häusersanierung. Auch hier wurden den Hausbesitzern mehr Kredite in Aussicht gestellt als jetzt Geld da ist. Kein Wunder, dass immer mehr Politiker für ein eigenes Energieministerium eintreten, um die Zuständigkeiten zu entwirren. Denn wenn es so weitergeht wie bisher, werden die Ziele ganz sicher nicht erfüllt.
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