Schwäbische Zeitung: Kraftakt für Europa - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Was auch immer die Griechen und die übrigen Europäer die kommenden Tage, Wochen und Monate tun, die Schuldenkrise ist nicht ausgestanden. Mit Euro oder Drachme, mit oder ohne Griechenland: Es wird so oder so Nachverhandlungen um Sparpakete und Strukturreformen geben, wie immer Brüssel, Berlin oder Athen sie dann auch mit Blick auf die Wähler nennen mögen.
Auch ohne Pathos wird deutlich, die Europäische Union braucht ein ganz starkes politisches Signal, damit die Krise beendet werden kann. Die vergangenen zwei Jahre haben gezeigt: Die vorhandenen Instrumente und Schritte reichen zur weltweiten Vertrauensbildung nicht aus. Die Regierungen in Amerika oder Asien glauben - wie die Märkte - nicht, dass die Europäer ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und die Gefahren für die Weltwirtschaft eindämmen können.
Es muss also deutlich schneller zu einer großen europäischen Reform kommen, es müssen weitere Kompetenzen nach Brüssel übertragen werden. Europa muss zu einer politischen Union werden, ohne dabei Haushaltsdisziplin, Schuldenbremsen und Wettbewerbsfähigkeit aus dem Blick zu verlieren. Politischer Mut und Kompromissbereitschaft sind dabei von allen EU-Regierungschefs gefragt. Doch ein solcher Kraftakt funktioniert nur, wenn demokratische Kontrolle und Transparenz gewährleistet sind.
Der Kanzlerin ist bewusst, dass viele Bundesbürger gleich welcher politischen Anhängerschaft weitere Milliardenhilfen vor allem für den Süden Europas ablehnen. Ein verständlicher Reflex etwa auf die griechischen Politdynastien, die sich schamlos bereichert haben und ihr Land skrupellos an den Abgrund geführt haben. Dennoch wird es zu Überweisungen in Milliardenhöhe kommen, denn die Alternative heißt: Rückfall in eine nationale Politik der Kleinstaaterei. Belegbar ist das kein Erfolgsmodell für den Kontinent. Europa würde in die globale Bedeutungslosigkeit taumeln und Deutschland gleich mit.
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