Schwäbische Zeitung: Gratiskultur hat böse Folgen - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Wer Musik macht und davon leben will, hat ein Problem: Das Internet. Musikvideos gehören zu den am meisten angeklickten Inhalten im Netz. Umsonst, immer auf dem neuesten Stand und überall verfügbar.
Warum sollte also noch jemand für eine CD zahlen? Für die Verwertungsgesellschaft Gema, die die Rechte der Künstler wahrnimmt, bedeutet das hohe Verluste. Um 20 bis 30 Prozent jährlich brechen die Einnahmen aus dem Verkauf von Tonträgern ein. Die Mehreinnahmen aus dem Bereich Onlinemusiknutzung können diese Verluste bei Weitem nicht auffangen - auch weil der Rechte-Monopolist Gema und der Onlinevideo-Marktführer Youtube in einem juristischen Dauerhickhack verstrickt sind.
Die Gratis-Mentalität im Internet ist ein natürlicher Feind der Urheber. Nicht von ungefähr wurde die Gema kürzlich das Ziel von Cyber-Angriffen der Hackergruppe Anonymous, die im Internet einen Raum absoluter persönlicher Freiheit verlangt - einschließlich der Freiheit von Urheberrechtsansprüchen. Die Piratenpartei hat dieses Denken vom Netz in die reale Welt transportiert.
Was das mit der Zeltfete der Landjugend oder dem Disco-Besuch am Samstagabend zu tun hat? Wenn der Gema Einnahmen an einer Stelle wegbrechen, müssen sie eben an anderer Stelle kompensiert werden. Deswegen drohen den kommerziellen Musikbetreibern in der Region Kostenexplosionen um bis zu 1000 Prozent. Das kann die Gema nur dank ihrer Monopolstellung durchsetzen.
Zugutehalten kann man den neuen Tarifen, dass das kleine Straßenfest oder die Jugendparty wahrscheinlich günstig davonkommen wird - vorausgesetzt, der Eintrittspreis bleibt im einstelligen Eurobereich. Doch manchem Disco- oder Club-Betreiber droht das Aus. Den Schaden haben Musikfreunde, die sich auf ein sinkendes Angebot und höhere Preise einstellen müssen. Und junge Künstler, für die am Anfang ihrer Karriere jeder Live-Auftritt wichtig wäre. Gerade dieser Effekt dürfte eigentlich nicht im Interesse der Gema liegen.
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