Schwäbische Zeitung: Verantwortung geht anders - Kommentar
Leutkirch (ots)
Wer täglich mit der Scheidung droht, wird von seinem Partner kaum noch ernst genommen. Horst Seehofer sollte das bedenken, wenn er jetzt zum wiederholten Mal ein Ende der Koalition an die Wand malt. Diesmal nicht wegen des Betreuungsgeldes, sondern wegen der Europapolitik der Kanzlerin. Dabei wird Bayerns Ministerpräsident in der Regel weniger von der Sorge um irgendein Thema als von der Sorge um seinen eigenen Wahlerfolg getrieben.
Nun also Europa. Der CSU-Chef will bei den Wahlen über Europa abstimmen lassen, hat er angekündigt. Wie mitten in der tiefsten europäischen Krise solch eine Abstimmung aussehen würde, ist ziemlich klar. Da wäre es die Aufgabe verantwortlicher Politiker, Alternativen zu prüfen, das Handeln genau abzuwägen und dann gemeinsam zu vertreten, zusammenzustehen. Was aber macht Horst Seehofer? Statt sich ein Beispiel an den Sozialdemokraten zu nehmen, die angesichts des Ernstes der Lage die Europapolitik über ihre Parteipolitik stellen, droht Seehofer schnell mal der eigenen Regierung und schürt Angst. Deutschland sei mit den Milliardenzusagen "grenzwertig unterwegs", sagt Seehofer. Wenn jemand grenzwertig unterwegs ist, dann wohl Seehofer selbst.
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