Schwäbische Zeitung: Die Themen des Sommers 2012 - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Die Eurokrise verschlägt den Spitzenpolitikern nachhaltig den Atem. Die Energiewende mausert sich immer deutlicher zur Problemwende. In Syrien herrscht Bürgerkrieg. In Ägypten rumort es weiter. Die Rentendiskussion in Deutschland kocht hoch. Ergo: Ein Mangel an brisanten politischen Themen ist eigentlich nicht erkennbar in diesem Sommer 2012.
Und dennoch tauchen in der üblicherweise nachrichtenarmen Zeit - besser bekannt unter dem Namen Sommerloch - wieder Themen auf, die in Sachen Gewicht oder Neuigkeitswert oder Brisanz nicht gerade zwingend erscheinen. Es ist aber wie beim Geist, der - wenn er erst mal aus der Flasche ist - nicht mehr dorthin zurückkehren will.
In normalen Jahren füllen solche Themen das Sommerloch. In diesem Jahr lenken sie eher vom Wichtigen ab - siehe oben. Darin kann man eine neue Qualität oder Funktion erkennen. Als da wären: Der XXL-Türkeiurlaub des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministers Nils Schmid. Zuerst hat er den einen oder anderen Landwirt für verzichtbar erklärt, und jetzt erholt er sich bei Izmir vom Echo. Alles ein wenig instinktlos - aber weit entfernt von einem echten Skandal. In Zeiten moderner Kommunikationstechnologie kann Schmid seinen Laden auch als Aktivurlauber ein paar Wochen lang führen.
Oder die leidige K-Frage bei der SPD: Keiner der Spitzen-Sozis wollte sie angeblich jetzt schon stellen, aber alle greifen sie beherzt zu, da das Thema nun mal in den Medien ist. Ob Steinbrück, Steinmeier oder Gabriel: Brisant wird das erst, wenn der jeweilige Name mit einem Programm, insbesondere in Sachen Eurokrise, verbunden ist. Oder die ebenfalls leidige Frage eines NPD-Verbots: Hier sind alle Argumente ausgetauscht, es steht lediglich die Entscheidung für oder gegen ein Verbotsverfahren aus.
Die Tatsache, dass diese Themen gerade Karriere machen können, hat vielleicht auch ihr Gutes: Wenn Ablenkung von etwas funktioniert, dann kann es sich dabei nicht um den Weltuntergang handeln.
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