Schwäbische Zeitung: Willkommener Rettungsschirm - Kommentar
Leutkirch (ots)
Vom heutigen Tag an ist die Eurozone eine Haftungsgemeinschaft. Was Helmut Kohl bei Einführung des Euro einst kategorisch ausschloss, ist mit Inkrafttreten des Rettungsschirms ESM Wirklichkeit geworden. Die reichen Staaten Nordeuropas zahlen für die armen Länder im Süden, so wie Bayern und Baden-Württemberg für Bremen und Berlin einstehen. Aus überhastet veranlassten Krediten zum Schutz Athens ist ein dauerhafter Rettungsschirm für die Eurozone geworden - eine mächtige Behörde, die es mit den Finanzmärkten aufnehmen kann. Viele Menschen in Deutschland sind erbost und sehen den Rettungsschirm als Sündenfall. Sie wollen nicht die Zeche für die Misswirtschaft Griechenlands oder Spaniens zahlen. Und doch haben wir keine Wahl. Einen Austritt aus dem Euro kann die deutsche Wirtschaft nicht verkraften - abgesehen davon, dass wir in Europa gebrandmarkt wären. Die heile Welt vor Ausbruch der Finanzkrise existiert nicht mehr. Das müssen Politiker, Banker und die Bevölkerung endlich akzeptieren. Es ist wie mit der Großmutter, die ständig wehklagt und die gute alte Zeit beschwört. Ihr möchte man zurufen: Das ist vorbei, das kommt nie wieder! Und so ist auch die Eurozone Geschichte, die auf dem Fundament der harten D-Mark gründet und in der jedes Land für seine Schulden selbst geradesteht. Die letzten drei Jahre haben gezeigt, dass einer epochale Finanzkrise nicht mit dem Dogma einer stabilen Währung beizukommen ist. Um der Krise Herr zu werden, muss die Zentralbank eherne Prinzipien opfern. Sie lässt sich auf den Ankauf von Schuldscheinen klammer Staaten ein und nimmt Inflation in Kauf. Fortan werden die Schulden gewissermaßen der Allgemeinheit aufgebürdet. Doch Geldentwertung ist immer noch besser als ein Zusammenbruch des Euro. Durch unpopuläre Entscheidungen hat die Notenbank der Politik überhaupt erst Zeit verschafft, Brandmauern zu errichten. Vieles spricht dafür, dass die Rechnung aufgeht und Europa die Krise in den Griff bekommt. Herzlich willkommen also, Rettungsschirm ESM!
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