Schwäbische Zeitung: Die Koalition auf Kompromisskurs - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Welch eine Ausgangslage! Die CSU kämpft für ein gutes Ergebnis bei der Landtagswahl, die FDP um ihr Überleben, und die CDU will vor allem stärkste Kraft bleiben und weiterhin die Regierungsgeschäfte führen. Das alles erschüttert die Koalitionsstatik. Zurzeit ist die CSU zwar relativ pflegeleicht, dafür nervt FDP-Chef Rösler seine Partner umso mehr. Die Liberalen haben das berechtigte Gefühl, dass sie von vielen in der Union abgeschrieben werden. Die Zahl derer, die an eine Fortsetzung des schwarz-gelben Bündnisses glauben, schwindet.
Und doch, der Koalitionsgipfel ist der letzte große Halt vor dem Wahlkampf. Deshalb muss man kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass jeder am Ende einen Punkt für sich verbuchen können wird. Die CSU beim Betreuungsgeld, die FDP bei der Abschaffung der Praxisgebühr und die CDU bei der Rente.
Hinter den Kulissen laufen die Verhandlungen, alle geben sich noch einmal besonders stark. Alle müssen aber auch aufpassen, dass sie nicht zu viel fordern. So erscheint es nicht logisch, wenn die FDP Schuldenabbau und Haushaltsdisziplin zum obersten Prinzip erklärt, gleichzeitig aber die Praxisgebühr abschaffen will. Überhaupt werden die Schwerpunkte nicht beim Sparen oder bei soliden Finanzen, sondern auf Wählerbeglückung im Wahljahr gesetzt.
Die Mini-Steuerreform der Koalition wird im Bundesrat von der SPD blockiert, also will die Koalition wenigstens mit sinkenden Rentenbeiträgen aufwarten können. Lohnnebenkosten unter 38 Prozent, so soll zum Jahresanfang die frohe Wahl-Botschaft lauten. Das Betreuungsgeld ist dagegen selbst in den eigenen Reihen schon so umstritten, dass es vielleicht noch nicht zum 1. Januar kommen wird, sondern etwas später, wenn Niedersachsen gewählt hat.
Ob man am Ende nach dem Gipfel von einem Kuhhandel oder einem gelungenen Kompromiss redet, dürfte vom Standpunkt des Betrachters abhängen. Sicher aber scheint, dass die Koalition sich einigen wird. Sie weiß, dass sie ein weiteres Gezerre ihren Wählern nicht bieten kann.
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