Schwäbische Zeitung: Der Gasschatz bleibt erhalten - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Die Frackingfreunde fahren schwere Geschütze auf: BASF-Chef Kurt Bock schwärmte gestern vor seinen Aktionären vom billigen Erdgas in den USA, Industrie und Bergbaugewerkschaft sprechen vom Billionenschatz unter Deutschland und von vielen Arbeitsplätzen, die wahlweise gefährdet oder in Aussicht sind. Die Botschaft: Wir Deutschen verschlafen aus kleingeistiger Bedenkenträgerei eine technische Revolution, die wie die Eisenbahn das Land in eine glorreiche Zukunft katapultieren könnte.
Auch die Gegner haben sich ideologisch längst hinter den Videoschnipseln mit brennendem Wasser aus dem Hahn verschanzt. Dass in Niedersachsen seit Jahrzehnten weitgehend folgenlos gefrackt wird, wird meistenteils schlicht ignoriert. Dass endlose Förderturmfelder wie in den USA im dicht besiedelten Deutschland undenkbar sind, ebenso.
Beiden Seiten stünde mehr Gelassenheit gut zu Gesicht. Denn weder droht uns das technologische Abseits, noch stehen bereits die Bohrtrupps bereit, Oberschwabens Boden zu durchlöchern.
Zu den Fakten: Erdgas ist kein Zauberelixier und hat nur einen kleinen Anteil am deutschen Energiemix, doch für das Gelingen der Energiewende ist es sehr wichtig. Ob sich das Schiefergas, das vornehmlich unter Norddeutschland liegt, in Süddeutschland überhaupt wirtschaftlich fördern lässt, ist völlig offen.
Ein pauschales Frackingverbot würde Deutschland die Chance verbauen, eine noch junge Fördertechnik in Ruhe zur technischen Reife weiterzuentwickeln. Auch wenn es aus der Perspektive des Südwestens wohlfeil klingen mag: Es gibt in Niedersachsen sowohl die Vorkommen als auch die Unternehmen mit dem Fachwissen, die Erdgasförderung weiter zu entwickeln. Dazu braucht es vermutete Vorkommen im Einzugsbereich des Bodensees nicht. Und Eile ist nicht angezeigt: Denn der Schatz unter uns bleibt uns erhalten, wenn wir ihn nicht anzapfen.
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