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Schwäbische Zeitung: Solingen war kein Einzelfall - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Ein bemerkenswerter Zufall: In der Woche, in der die Kanzlerin zum Integrationsgipfel lädt, erinnert sich die Republik an den Anschlag von Solingen.

Vor genau 20 Jahren starben in der westdeutschen Industriestadt türkische Frauen und Mädchen bei einem rechtsextremen Anschlag. Der Tag der Schande, der 29. Mai 1993, kam am Dienstag auf dem Gipfel zur Sprache. Eigentlich aber stand die Eingliederung von Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt im Mittelpunkt. Aus gutem Grund: Schließlich werden wir bald auf die Fachkräfte aus aller Welt angewiesen sein.

Deshalb betont die Politik, allen voran die Kanzlerin, nimmermüde, dass Deutschland ein Integrationsland sei. Mehr noch: dass es das auch wirklich sein wolle. Die Erinnerung an Solingen passt da nicht ins schöne Bild von Offenheit und Toleranz. Und hat das eine mit dem anderen überhaupt etwas zu tun? Leider ja. Denn Solingen war kein Einzelfall, sondern der grausige Gipfel mehrerer rechter Anschläge. Man denke nur an Hoyerswerda, Rostock oder Mölln. Wenige Jahre später folgten die Terrorakte der NSU und das Versagen deutscher Behörden bei der Aufklärung.

Was macht wohl mehr Eindruck auf Migranten in Deutschland: die Absichtsbekundungen der Kanzlerin oder die Erinnerung an solche Taten des Hasses? Die Antwort dürfte klar sein. Ob technischer Defekt oder Absicht: Brennt in Deutschland ein Haus, in dem auch eine türkische Familie wohnt, ist Solingen präsent. Und türkische Politiker und Medien fragen nach, ob wieder Rechte am Werk waren. In Deutschland regt man sich gern über solche Reaktionen auf. Aber sind sie nicht allzu verständlich?

Nun gibt es einen Hoffnungsschimmer: Wie wir mit Solingen oder der NSU umgehen, hat einen großen Einfluss darauf, ob Migranten sich bei uns wohl fühlen. Oder ob sie bereit sind, überhaupt nach Deutschland zu kommen - Fachkräfte oder nicht. Wer aus einer Serie von rechten Terrorakten angebliche "Dönermorde" macht, kann aber noch viel dazulernen.

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