Schwäbische Zeitung: Falkenauge sei wachsam
Ravensburg (ots)
Nun ist es so weit. Nach jahrelangem Streit führt die Fußball-Bundesliga die Torlinientechnik ein. Hawk-Eye heißt das System, bei dem bis zu sechs Kameras im Stadion installiert sind, auf deutsch: Falkenauge. Mittels Zentralcomputer wird dem Schiedsrichter ein Signal übermittelt, das ihn vor Fehlentscheidungen bewahrt. Dies bedeutet ab Sommer 2015 das Ende der Phantomtore in der Liga - und bald wohl auch im DFB-Pokal.
Referees freuen sich über die Last, die ihnen von den Schultern genommen werde. Die Mehrzahl der Vereine freut sich, weil die neutrale Maschinenentscheidung der Fairness und Gerechtigkeit diene. Zudem argumentieren viele, dass es beim Fußball ja um Millionenbeträge gehe. Deshalb müsse es auch im Stadion so korrekt wie irgend möglich zugehen.
Kann man so sehen, muss man aber nicht! Auch auf die Gefahr hin als ewiggestrig bezeichnet zu werden: Die Torlinientechnik ist überflüssig. Denn Fußball ist eben auch Emotion: Freud und Leid der Fans hängen von Toren ab. Tore wiederum entstehen aus Fehlern von Fußballern - und eben manchmal auch aus Fehlern von Schiedsrichtern. Und während das Hawk-Eye beim Tennis oder Eishockey aufgrund der Vielzahl knapper Entscheidungen sinnvoll sein mag, ist die Einführung beim Fußball auch in dieser Hinsicht fragwürdig. Alle Jubeljahre unterlaufen Spitzenreferees in der Frage "Tor oder nicht?" eklatante Pannen - und exakt darüber reden Trainer, Spieler und Fans dann jahrelang: das Wembley-Tor, Helmers Phantomtor, Kießling und das Loch im Netz, zuletzt Hummels nicht gegebener Treffer im Pokalfinale im Mai. Dies hat dem unterlegenen Team geschadet, aber dem Fußball an sich? Nicht die Spur.
So richtig schaden könnte dem Fußball der nun drohende Videobeweis. Streit ums Abseits, um Elfmeter oder um Fouls? Alles passé! Die Schiedsrichter würden nach der Pfeife eines Computers tanzen. Ganz am Rande: Für den Fernsehzuschauer entstünden dann Pausen, die - jede Wette - mit Werbung überbrückt würden. Dann lieber hin und wieder ein Wembley-Tor.
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