Schwäbische Zeitung: Leitartikel zum Bundesverkehrswegeplan: Solidarität im Straßenkampf
Ravensburg (ots)
Die 67 Neu- und Ausbauten an Bundesstraßen und Autobahnen bis 2030 zu realisieren, ist ein Kraftakt. Schön, dass der Bund das dafür nötige Geld zur Verfügung stellt. Aber: Es gibt zu wenig Personal, das planen und bauen kann. Zu lange sind Personalstellen in der Straßenbauverwaltung im Südwesten abgebaut worden. Die Entscheidungen dazu reichen weit zurück, tief hinein in schwarz-gelbe Regierungszeiten. Dass Grün-Rot erst 2014 wieder mit dem Stellenaufbau begonnen hat, rächt sich zusätzlich.
Nun werden jährlich rund 50 neue Stellen geschaffen - gut so, doch die müssen auch besetzt werden. Der Straßenbauverwaltung geht es da nicht anders als allen Marktteilnehmern: Fachkräfte sind Mangelware, auch Ingenieure. Hinzu kommt, dass Jobs in der Privatwirtschaft mitunter verlockender sind als jene bei einer Behörde - unter anderem, weil dort oft höhere Löhne gezahlt werden.
Als wäre diese Personalsituation nicht schon schwierig genug, droht ein weiterer Verlust. Bis 2021 will der Bund eine Infrastrukturgesellschaft aufgebaut haben, die sich, statt bisher die Länder, um Baumaßnahmen an Autobahnen kümmert. Dafür wird der Bund versuchen, Planer aus den Ländern abzuziehen. Hiergegen muss sich Verkehrsminister Winfried Hermann, gemeinsam mit seinen Länderkollegen, wehren.
All das gilt es zu beachten, wenn nun der Straßenkampf beginnt. Es ist nachvollziehbar, dass jeder Bürgermeister, Landrat und Abgeordnete für seinen Streckenabschnitt, der im Bundesverkehrswegeplan verankert ist, kämpft. Im besten Fall soll jede Maßnahme ganz schnell geplant und gebaut werden. Das ist aber schlicht unmöglich.
Wünschenswert wäre vielmehr, dass sich alle Entscheider - also Politiker und Spitzenverbände - auf die Kriterien einigen könnten, die in einer Rangliste für die 67 neuen Maßnahmen münden. Nicht für die Straße vor Ort, sondern für ein transparentes, faires Verfahren sollten alle solidarisch kämpfen, damit die, die am meisten leiden, am schnellsten entlastet werden. Das wird aber wohl ein frommer Wunsch bleiben.
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