PM: Gendergap und die Angst vor dem Scheitern – Unterscheiden sich die Gründungsaktivitäten in Deutschland zwischen Ost und West?
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PRESSEMITTEILUNG
Gendergap und die Angst vor dem Scheitern – Unterscheiden sich die Gründungsaktivitäten in Deutschland zwischen Ost und West?
Wie entwickelten sich die Gründungsquoten in Ost- und Westdeutschland und in der (Gründungs-)Hauptstadt Berlin in den letzten vier Jahren? Und (wo) gründeten Männer oder Frauen häufiger? Erhebungen zu Unterschieden bei den Gründungseinstellungen sowie den Motiven für den Start in die Selbstständigkeit liefert der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) Länderbericht Deutschland 2023/24. Dieser wurde durch das RKW Kompetenzzentrum in Kooperation mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover erstellt.
Eschborn, 04. Dezember 2024. Der Vergleich der Gründungsquoten in Ost und West zeigt, dass im Zeitraum von 2019 bis 2023 die unternehmerische Aktivität in Westdeutschland mit 7,4 Prozent höher ist als in Ostdeutschland (ohne Berlin) mit 5,6 Prozent. Der Unterschied beträgt knapp zwei Prozentpunkte. In der Hauptstadt Berlin, die als Gründungshochburg gilt, entstehen besonders viele Unternehmen: Dort gründeten knapp 12 Prozent der im GEM befragten Personen ein Unternehmen oder befinden sich gerade in der Gründungsphase.
Die GEM-Gründungsquote bezeichnet den Anteil der 18- bis 64-Jährigen, die in den letzten 3,5 Jahren ein Unternehmen gegründet haben (Young Entrepreneurs) und/oder derzeit ein Unternehmen gründen (Nascent Entrepreneurs).
Größter Gendergap in Berlin, kleinster im Osten
Die aggregierten GEM-Daten der Befragungsjahre 2019 bis 2023 zeigen, dass sowohl in Ostdeutschland als auch in Westdeutschland sowie in Berlin Männer häufiger gegründet haben als Frauen – und somit deutschlandweit nach wie vor ein Gendergap besteht. Die Gründungsquote der Frauen in Ostdeutschland war in den Jahren von 2019 bis 2023 mit 4,8 Prozent etwas niedriger als die in Westdeutschland (5,8 Prozent), und auch die Gründungsquote der ostdeutschen Männer war mit 6,2 Prozent niedriger als die der Männer im Westen (8,9 Prozent). Die Gründungsquote in Berlin lag sowohl bei den Frauen (9,1 Prozent) als auch bei den Männern (14,2 Prozent) auf dem höchsten Niveau innerhalb Deutschlands.
Der Gendergap ist jedoch mit einem Abstand von 1,4 Prozentpunkten in Ostdeutschland am geringsten ausgeprägt. In Westdeutschland betrug der Gendergap im Gründungsgeschehen deutlich höhere 3,1 Prozentpunkte und in Berlin sogar 5,1 Prozentpunkte.
Gründungsfähigkeiten und Angst vor dem Scheitern
Die positive Einschätzung der Gründungschancen war im Jahr 2023 in Westdeutschland mit 43,4 Prozent deutlich höher als in Ostdeutschland mit 23,9 Prozent. Auch der Anteil an Personen, die ihre eigenen Gründungsfähigkeiten als „gut“ einschätzen, war in Westdeutschland höher (42,8 Prozent) als in Ostdeutschland (36,2 Prozent). Auffällig ist jedoch, dass die befragten Personen sowohl im Osten als auch im Westen fast genauso häufig der Aussage zustimmten, dass sie die Angst vor dem Scheitern von einer Unternehmensgründung abhalten würde (54,4 Prozent in Westdeutschland vs. 57 Prozent in Ostdeutschland, ohne Berlin). Dagegen ist die Angst vor dem Scheitern als Gründungshemmnis in Berlin mit 37,7 Prozent signifikant geringer.
Prägende Gründungsmotive:
„Welt verändern“ im Osten und „großer Wohlstand“ im Westen
In 2023 spielte bei den Motiven für eine Gründung in Ostdeutschland der Wunsch, die Welt zu verändern mit 65 Prozent die wichtigste Rolle (Mehrfachantworten waren möglich). Am zweithäufigsten (47,6 Prozent) nannten die Gründungspersonen in Ostdeutschland das ökonomische Ziel, „den Lebensunterhalt zu verdienen, weil Arbeitsplätze selten sind“. In Westdeutschland war mit 54,9 Prozent der häufigste Beweggrund, durch die Gründung großen Wohlstand oder ein sehr hohes Einkommen zu erreichen, gefolgt von der Motivation, „die Welt zu verändern“. Auch in Berlin hatten die beiden abgefragten ökonomischen Motive die höchste Relevanz: Jeweils 83,3 Prozent der Gründungspersonen gaben an, ein Unternehmen zu gründen bzw. zu planen, „um den Lebensunterhalt zu verdienen, weil Arbeitsplätze selten sind“ bzw. „um großen Wohlstand oder ein sehr hohes Einkommen zu erreichen“.
Mehr Informationen zum GEM 2023/24 unter: rkw.link/gem2024 oder rkw.link/gem
Für weitere Informationen oder Interviews zum Thema stehen Ihnen die Expertinnen und Experten des RKW Kompetenzzentrums sowie der Leibniz Universität Hannover gerne zur Verfügung.
Global Entrepreneurship Monitor (GEM)
Der Global Entrepreneurship Monitor ist weltweit die einzige Erhebung, die einen räumlichen und zeitlichen Vergleich der Gründungsquoten, Gründungsmotive und Gründungseinstellungen in der Gesamtbevölkerung vieler Länder auf allen Kontinenten der Welt ermöglicht. Seit 1999 werden in Deutschland und in über 50 weiteren Ländern entsprechende Daten erhoben. Seit 2018 untersucht das RKW Kompetenzzentrum in Eschborn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover das Gründungsgeschehen in Deutschland in Form einer jährlichen repräsentativen Bevölkerungserhebung sowie einer Befragung von Gründungsexpertinnen und -Experten.
Über das Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover
In diesem Universitätsinstitut arbeiten aktuell vier Professorinnen und Professoren und gut ein Dutzend weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Seit 2005 ist das Institut die Heimat des deutschen GEM-Länderteams, geleitet von Prof. Rolf Sternberg, der dieses Projekt zuvor während seiner Zeit an der Universität zu Köln mitgegründet hatte. Zu den Forschungsschwerpunkten des Instituts für Wirtschafts- und Kulturgeographie zählen die wirtschaftsräumlichen Implikationen des Gründungsgeschehens, die von diversen Teams in mehreren drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten untersucht werden. Der GEM ist eines dieser Projekte.
Weitere Informationen: https://www.iwkg.uni-hannover.de/
Über das RKW Kompetenzzentrum Das RKW Kompetenzzentrum ist ein neutraler Impuls- und Ratgeber für den deutschen Mittelstand. Es sensibilisiert angehende wie etablierte kleine und mittlere Unternehmen für Zukunftsthemen und unterstützt sie dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft auszubauen. Das RKW Kompetenzzentrum leistet damit einen Beitrag zur Stärkung des Gründungsgeschehens und zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland. Zu den aktuellen Schwerpunktthemen „Gründung“, „Fachkräftesicherung“, „Digitalisierung“ und „Innovation“ bietet das RKW Kompetenzzentrum daher praxisnahe und branchenübergreifende Informationen sowie Handlungshilfen an. Bei der Verbreitung der Ergebnisse vor Ort arbeitet das RKW Kompetenzzentrum mit Sitz in Eschborn eng mit den RKW Landesorganisationen in den Bundesländern zusammen.
Das RKW Kompetenzzentrum wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Weitere Informationen: www.rkw-kompetenzzentrum.de
Pressekontakt RKW Kompetenzzentrum Sarah Schuppener/Katja Gutschmidt Düsseldorfer Str. 40 A 65760 Eschborn Tel: +49 6196 495-2853/-2855 presse@rkw.de