Korrekturbedarf beim Morbi-RSA: Methodenfehler treibt Betriebskrankenkassen ins Minus - Niedriger Zusatzbeitragssatz in der GKV führt zu fehlenden Einnahmen von insgesamt 420 Millionen Euro
Berlin (ots)
Der Blick auf die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen für das I. Halbjahr 2015 zeigt, dass die Rahmenbedingungen durch die im Jahr 2014 umgesetzten Änderungen, einen fairen Preis- und Qualitätswettbewerb weiterhin verhindern.
"Die gerechte Verteilung der Mittel aus dem Gesundheitsfonds durch die jetzigen Regeln des Morbi-RSA begünstigen einige Kassen und Kassenarten in den Zuweisungen. So gelingt es einigen Kassen, trotz niedrigem Zusatzbeitrag, noch Finanzreserven aufzubauen, während Verwerfungen im Zuweisungsalgorithmus des Morbi-RSA, verbunden mit dem Wettbewerbsdruck über den Zusatzbeitrag, die BKK Familie insgesamt stärker ins Minus zwingen. Dadurch wird der Wettbewerb unter den gesetzlichen Krankenkassen verzerrt", erklärt Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes.
Der in der GKV im ersten Halbjahr 2015 durchschnittlich erhobene Zusatzbeitragssatz liegt mit 0,83 Prozent unter dem Arbeitnehmer-Sonderbeitragssatz von 0,90 Prozent in 2014. Dies lässt die Finanzreserven der Gesetzlichen Krankenversicherung schmelzen: 420 Millionen Euro kostet diese Fokussierung des Wettbewerbs auf den Zusatzbeitragssatz die GKV insgesamt. Insofern ist die Analyse des BMG zutreffend: Das Defizit im Finanzergebnis der GKV im ersten Halbjahr 2015 ist nahezu vollständig dem niedrigeren, von den Krankenkassen durchschnittlich erhobenen Zusatzbeitragssatz geschuldet. Wegen vorhandener Vermögensreserven und über den Morbi-RSA nicht immer zielgerichtet verteilter Finanzmittel können etliche Krankenkassen den von der Bundesregierung vorab für das Jahr 2015 festgelegten durchschnittlichen Beitragssatz von 0,9 Prozent unterbieten, ohne sich zwingend als besonders wirtschaftlich zu erweisen.
Pro-Kopf Defizit der Kassenarten
Die Spannbreite ist groß: Auf Einzelkassenebene werden Zusatzbeiträge von 0,0 Prozent bis 1,3 Prozent erhoben. Auch auf der Kassenartenebene existieren noch Unterschiede zwischen unter 0,8 Prozent bei den AOK-Kassen und bis zu 0,85 Prozent bei den Betriebs- und Ersatzkassen.
Sieht man die aktuellen Zahlen, verzeichnen alle anderen Kassenarten bis auf die Knappschaft-Bahn-See auf den ersten Blick ein Defizit. Betrachtet man jedoch das Pro-Kopf-Defizit der Kassenarten, wird deutlich, dass das Defizit der Betriebskrankenkassen trotz höherem Zusatzbeitrag mehr als doppelt so hoch liegt wie das Defizit der AOK Familie.
"Der Blick auf die Vermögensreserven in der gesetzlichen Krankenkasse von über 15 Milliarden Euro insgesamt darf nicht darüber hinweg täuschen, dass diese zwischen Krankenkassen und Kassenarten sehr unterschiedlich verteilt sind. Kommt es zu keiner Änderung in der Mittelverteilung aus dem Gesundheitsfonds würde sich die Kassenlage weiter verschärfen. Und die Schere zwischen Kassen und Kassenarten weiter öffnen. Das unausgewogene Finanzausgleichssystem zwischen den Krankenkassen muss noch in dieser Legislaturperiode korrigiert werden", so Knieps.
Betriebskrankenkassen fordern schon lange, bei der Zuweisung für Krankengeldaufwendungen aus dem Gesundheitsfonds die Höhe der Löhne der Versicherten zu berücksichtigen. Sie arbeiten daran, einen Regionalfaktor für den Morbi-RSA zu entwickeln, da die medizinische Versorgungslandschaft Deutschlands mit unterschiedlicher regionaler Betroffenheit von Erkrankungen und Behandlungskosten zu Buche schlägt.
Der BKK Dachverband vertritt 87 Betriebskrankenkassen und vier Landes-verbände. Sie repräsentieren rund zehn Millionen Versicherte.
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