Protestaktion behinderter Menschen in Berlin
Teilhabegesetz darf Selbstbestimmung nicht einengen
Berlin (ots)
Symbolische Einsperrung: Am 28. Juni um 10 Uhr werden sich Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen symbolisch in einen Käfig am Berliner Hauptbahnhof (Ausgang Washington Platz) einsperren lassen. Mit dieser Aktion protestieren sie gegen die massive Einschränkung der Selbstbestimmung, die ihnen durch das geplante Bundesteilhabegesetz droht. Der umstrittene Gesetzentwurf soll an diesem Tag vom Bundeskabinett beschlossen und damit für die weitere Beratung in Bundestag und Bundesrat freigegeben werden.
"Das Bundesteilhabegesetz darf keine Verschlechterungen für behinderte Menschen bringen und muss einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen leisten. Doch der Referentenentwurf lehrt uns behinderten Menschen an einigen Stellen das Fürchten. Deshalb protestieren wir unter dem Motto '#NichtmeinGesetz' gegen die derzeitigen Pläne", erklärt Raul Krauthausen.
"Die bisherigen Regelungen im Referentenentwurf schränken zum Teil massiv das Wunsch- und Wahlrecht für ein selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen ein", erklärt Nancy Poser vom Forum behinderter Juristinnen und Juristen. "Es hat nichts mehr mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu tun, wenn behinderte Menschen, die sich mühsam den Weg aus Behinderteneinrichtungen heraus, zu einem Leben in der eigenen Wohnung mit entsprechender Unterstützung erkämpft haben, zukünftig befürchten müssen, zum Zwangspoolen von Leistungen in sogenannte gemeinschaftliche Wohnformen gedrängt zu werden und für ihre nötige Assistenz wieder auf's neue vor Gerichte ziehen müssen."
In Hinblick auf die UN-Behindertenrechtskonvention sei es zudem völlig unverständlich, warum behinderte Menschen, die wie alle anderen auch, mitten in der Gesellschaft leben wollen, auch zukünftig mühsam darlegen müssen, warum ein Leben in einer Behinderteneinrichtung für sie unzumutbar ist, um die nötige Unterstützung in den eigenen vier Wänden zu bekommen.
"Wenn nicht mehr auf den realen Bedarf zur Teilhabe geschaut wird, sondern willkürliche fünf Kriterien für Teilhabeeinschränkungen erfüllt werden müssen, um überhaupt Leistungen zu bekommen, dann wird das Gesetz leicht zu einem Spargesetz, das behinderte Menschen, die Hilfen brauchen, im Regen stehen lässt", meint Raul Krauthausen. Unverständlich sei auch, dass nicht abgerückt wird von der Anrechnung des Einkommens und Vermögens der behinderten Menschen. "Jemanden, der sich einer größeren Operation unterziehen muss, prüft man zum Glück ja auch nicht erst bezüglich seines Einkommens und Vermögens und knöpft ihm seine Ersparnisse ab, die eine bestimmte Höhe übersteigen, bis man ihn operiert. Bei uns behinderten Menschen scheint es aber normal zu sein, uns lebenslang das Sparen aufzuzwingen, unsere Einkünfte einzuschränken und für Leistungen zahlen zu lassen, auf die wir angewiesen sind", ärgert sich Raul Krauthausen.
Weitere Informationen gibt's unter www.nichtmeingesetz.de
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