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Kritische Berichterstattung schwächt Wirkung von „Sportswashing“, PI Nr. 132/2024

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Kritische Berichterstattung schwächt Wirkung von „Sportswashing“

Sportliche Großereignisse bieten autoritären Regimen die Möglichkeit, sich gegenüber der Bevölkerung anderer Staaten als fortschrittlich und offen zu präsentieren. Diese positive Wirkung auf das Image – kurz „Sportswashing“ – funktioniert allerdings nur in Staaten, in denen es einen Mangel an kritischer Medienberichterstattung gibt. Das zeigt eine Studie am Beispiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Mit an der Studie beteiligt: Politikwissenschaftlerin Eda Keremoǧlu von der Universität Konstanz.

Um zu untersuchen, ob und wie die Austragung des Fußballturniers das Image Katars beeinflusst hat, führte ein Team von Forschenden des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), der Universität Konstanz und des Exzellenzclusters SCRIPTS ein Experiment durch. Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft wurden 14.000 Menschen aus acht europäischen Ländern befragt. Ihnen wurden gezielt unterschiedliche Informationen über Katar und das Turnier präsentiert.

In einer positiven Version wurde unter anderem die Effizienz Katars bei der Organisation der Weltmeisterschaft betont. Im Gegensatz dazu enthielt die negative Version Berichte über Menschenrechtsverletzungen und Todesfälle, die im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die WM standen. Im neutralen Setting wurden Informationen zum Turnier, zum Beispiel die Anzahl der Spiele, geliefert. Die Befragten sollten ihre Meinung über das Regime in Katar und seine Rolle als Ausrichter des Turniers äußern.

Erkenntnisse aus der Fußballweltmeisterschaft in Katar

Die Ergebnisse zeigen, dass die positiven und die negativen Informationen die Bewertung der Befragten erheblich beeinflussten, wobei die negativen Informationen einen noch stärkeren Effekt hatten. Menschen, die negative Berichte lasen, bewerteten Katar eher kritisch. Im Gegensatz dazu sahen diejenigen, die positive Eindrücke erhielten, das Land eher in einem positiven Licht.

Vergleicht man die Antworten je nach Ländern, in denen die Befragten leben, zeigt sich, dass die Wirkung der Informationen stark vom jeweiligen Mediensystem abhängt. In Ländern mit weniger Medienvielfalt, wie zum Beispiel Ungarn und Rumänien, hatten negative Informationen einen stärkeren Einfluss. In diesen stärker kontrollierten Mediensystemen waren die Informationen neu und dadurch effektiver. Menschen in Ländern mit einer pluralistischen und unabhängigen Medienlandschaft, wie in Deutschland und Schweden, waren hingegen weniger empfänglich für Einflüsse durch positive wie negative Nachrichten. „In diesen Ländern fand bereits vor der Weltmeisterschaft in Katar eine kritische Debatte in den Medien statt“, erklärt sich Studienautor Heiko Giebler den Effekt.

Die Bedeutung von kritischer Berichterstattung

„Unsere Studie zeigt auf, wie bedeutend es ist, dass eine plurale Berichterstattung solche Sportereignisse begleitet. Wenn wie erwartet die Fußballweltmeisterschaften 2034 nach Saudi-Arabien vergeben wird, wird es entscheidend sein, eine kritische Debatte über die Menschenrechtssituation im Land zu führen“, so Eda Keremoǧlu. Die Politikwissenschaftlerin vom Exzellenzcluster „The Politics of Inequality“ der Universität Konstanz war an der Konzeption der Studie und insbesondere der Analyse und Visualisierung der Daten sowie am Verfassen der Studie beteiligt.

Es ist kein neues Phänomen, dass autoritäre Regime große Sportereignisse ausrichten wollen, um ihr Image im Ausland zu verbessern. „Sportswashing wird ein Problem bleiben, auch weil autokratische Regime auf dem Vormarsch sind“, meint WZB-Direktor Michael Zürn. „Eine differenzierte Berichterstattung kann aber die Effekte des Sportswashing deutlich einschränken.“

Die Studie ist im Journal PLoS ONE erschienen und frei zugänglich unter:

The limits of sportswashing

Faktenübersicht:

  • Originalpublikation: Johannes Gerschewksi, Heiko Giebler, Sebastian Hellmeier, Eda Keremoǧlu, Michael Zürn: The limits of sportswashing: How the 2022 FIFA World Cup affected attitudes about Qatar. PLOS ONE 19(8): e0308702. Link: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0308702 DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0308702
  • Die Studie entstand im Exzellenzcluster „Contestations of the Liberal Script (SCRIPTS)“ in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), der Freien Universität Berlin und der Universität Konstanz.
  • Dr. Eda Keremoǧlu ist Forscherin in der Arbeitsgruppe „Communication, Networks and Contention“ an der Universität Konstanz und Projektleiterin am Exzellenzcluster „The Politics of Inequality“ sowie Mitglied des Zentrums für sozialwissenschaftliche Bildanalyse (ZESOB).
  • Der Exzellenzcluster „The Politics of Inequality” an der Universität Konstanz erforscht aus interdisziplinärer Perspektive die politischen Ursachen und Folgen von Ungleichheit. Die Forschung widmet sich einigen der drängendsten Themen unserer Zeit: Zugang zu und Verteilung von (ökonomischen) Ressourcen, der weltweite Aufstieg von Populist*innen, Klimawandel und ungerecht verteilte Bildungschancen.

Hinweis an die Redaktionen:

Ein Foto ist verfügbar unter:

https://www.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2024/kritische_berichterstattung.jpg

Bildunterschrift: Dr. Eda Keremoǧlu aus der Arbeitsgruppe „Communication, Networks and Contention“ an der Universität Konstanz.

Copyright: Universität Konstanz/Inka Reiter

Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
Telefon: + 49 7531 88-3603
E-Mail:  kum@uni-konstanz.de

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