"Vergessene Nachrichten": Phytosanierung gehört zu den vernachlässigten Themen des Jahres 2024
Deutschlandfunk und Initiative Nachrichtenaufklärung
Die Top Ten der „Vergessenen Nachrichten“ 2024
Presseinformation, 4. April 2024
Auch im vergangenen Jahr sind viele wichtige Themen in den Medien zu wenig oder gar nicht vorgekommen. Ein Grund dafür sind Dauerbrenner-Themen, die anderen Inhalten keinen Platz auf der Bühne überlassen. Außerdem liegt es an den Strukturen in den Medien, die dazu führen, dass wichtige Themen trotz ihrer gesellschaftlichen Relevanz keine Aufmerksamkeit erfahren. Deshalb veröffentlicht die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) e.V. in Kooperation mit der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks einmal im Jahr eine Liste mit zehn Themen, die in den vergangenen zwölf Monaten keine oder kaum Erwähnung gefunden haben und stellvertretend für viele andere vergessene Themen stehen.
Von der Phytosanierung bis zur Darstellung von Grenzen bei Google Maps
Das vergessene Topthema Nummer 1 ist nach Ansicht der Jury aus Wissenschaftlern und Journalistinnen die Phytosanierung, mit der durch Schwermetalle belastete Flächen und Gebiete umweltfreundlich gesäubert werden können. Durch das Verfahren kann die Umwelt kostengünstig gereinigt und sogar Lebensraum wiederhergestellt werden, dennoch findet sich dieser Lösungsansatz kaum in den Medien wieder.
Auf Platz 2 der Liste der vernachlässigten Themen stehen die Tech-Monopole. Der mit Abstand größte Teil des Internets liegt brach: Webangebote abseits von Youtube, Facebook & Co. finden praktisch keine Aufmerksamkeit. Zu diesem Ergebnis kommt der Medienwissenschaftler Martin Andree auf Basis empirischer Analysen, und er betont die demokratiegefährdenden Auswirkungen dieser Tatsache.
Den dritten Platz belegt ein weiteres Digital-Thema, nämlich die Darstellung der Grenzen auf Google Maps. Obwohl die Policy bei Google offiziell lautet, man zeige bestmöglich „die Wahrheit“ an, kommt es in der Realität oft darauf an, aus welchem Landesnetz die Karte aufgerufen wird. In Indien wird den Nutzern beispielsweise angezeigt, dass ganz Kaschmir zu Indien gehört – im Rest der Welt nicht. In Deutschland wird über diese Handhabung praktisch nicht berichtet.
Weitere vergessene Themen sind die Schlaglöcher in Deutschland und Großbritannien, die Tropenkrankheit Noma, die Crossover-Nierenspende und die Doppelbelastung von Kindern in migrantischen Familien.
Reichweitenlogik der digitalen Plattformen lässt vielen Inhalten keine Chance
“Wir freuen uns mit dem Topthema 1, der Phytosanierung, einem sehr konstruktiven Thema zu öffentlicher Aufmerksamkeit zu verhelfen. Ebenso wichtig, wie Lösungen aufzuzeigen, ist es darüber zu wachen, dass Medien sich nicht umsatzstrategischen oder geopolitischen Machtinteressen beugen. Auch diesen und weiteren spannenden Themen tragen wir Rechnung, um für eine dringend erforderliche Themenvielfalt einzutreten”, sagt Prof. Dr. Hektor Haarkötter, INA-Vorsitzender und Professor für politische Kommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
Für Deutschlandfunk-Nachrichtenchef Dr. Marco Bertolaso ist die Suche nach vergessenen Nachrichten tägliche Aufgabe seiner Redaktion. „Erst Corona, dann der Überfall auf die Ukraine und nun der Nahe Osten - Megathemen dominieren die Agenda und binden journalistische Ressourcen. Aber auch die Reichweitenlogik der digitalen Plattformen lässt vielen wichtigen Inhalten kaum eine Chance. Es ist die Aufgabe insbesondere öffentlich-rechtlicher Nachrichtenredaktionen, solche Monokulturen der Information zu verhindern.“
Die Top-Ten-Liste der „Vergessenen Nachrichten“ wird von einer Jury aus Wissenschaftlerinnen und Journalisten gekürt. Grundlage der Liste bilden Vorschläge aus der Bevölkerung, die von Studierenden verschiedener deutscher Hochschulen recherchiert werden.
Die komplette Liste der "Vergessenen Nachrichten" und weitere Informationen:
Pressekontakt:
Katja Jung, INA, info@nachrichtenaufklaerung.de,Tel. 0151 58768256
Marlene Nunnendorf, INA, Tel. 01520 9040018,
Xenia Sircar, xenia.sircar@deutschlandradio.de, Tel. 030 85036164
Christian Sülz (Pressesprecher) Raderberggürtel 40, 50968 Köln T +49 221 345-2161 Tobias Franke-Polz (Redakteur Presse) Xenia Sircar (Redakteurin Presse) Hans-Rosenthal-Platz, 10825 Berlin T +49 30 8503-6161 Kommunikation: presse@deutschlandradio.de deutschlandradio.de Besuchen Sie uns auf LinkedIn.