Herausragende Abschlussarbeit mit Nora-Platiel-Preis ausgezeichnet
Herausragende Abschlussarbeit mit Nora-Platiel-Preis ausgezeichnet
Die Preisträgerin kommt aus dem Masterstudiengang Sozialrecht und Sozialwirtschaft der Universität Kassel und der Hochschule Fulda
Jasmina Jurasik hat für ihre Masterarbeit im Studiengang Sozialrecht und Sozialwirtschaft den Nora-Platiel-Preis erhalten. Die Auszeichnung, die nach der jüdischen Juristin und engagierten Sozialpolitikerin Nora Platiel (1896 – 1979) benannt ist, würdigt herausragende Abschlussarbeiten aus den Bereichen der Sozialpolitik, des Sozialrechts sowie den Gesellschaftswissenschaften. Diese können an der Universität Kassel, der Hochschule Fulda oder der Hochschule der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in Bad Hersfeld entstanden sein. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert. Vergeben wird er vom Verein zur Förderung von Forschung und Wissenstransfer in Sozialrecht und Sozialpolitik e.V. und vom Forschungsverbund Sozialrecht und Sozialpolitik (FoSS) der Hochschule Fulda und der Universität Kassel.
Die Jury begründet die diesjährige Auswahl mit der hohen gesellschaftlichen Relevanz und der Aktualität des Themas sowie damit, dass die Arbeit mit ihrem Fokus auf die Unterstützung von Geflüchteten an das Lebenswerk von Nora Platiel anschließe. Die 28-jährige Preisträgerin untersuchte „Das Recht auf medizinische Versorgung von irregulären Migrantinnen und Migranten im Lichte des Verfassungs-, Unions- und Völkerrechts“.
„Jasmina Jurasik hat eine sehr sorgfältig begründete und rechtspolitisch engagierte Arbeit vorgelegt, die höchstes Lob verdient und die sehr deutlich herausarbeitet, dass das nationale, europäische und internationale Recht Mindeststandards der Humanität garantiert“, sagt ihr Betreuer Professor Dr. Andreas Fischer-Lescano. „Politische Initiativen, das Existenzminimum für Flüchtlinge weiter abzusenken, werden sich an diesen Mindeststandards messen lassen müssen. Jasmina Jurasiks große Leistung ist es, sich mutig und rechtswissenschaftlich fundiert den populistischen Simplifizierungen entgegenzustellen.“
Der Preis wurde gestern (31.10.) im Hochschulzentrum Fulda Transfer verliehen. „Es ist mir eine große Freude, den Nora-Platiel-Preis 2024 zu erhalten“, bedankte sich die Preisträgerin bei der Jury. „Mein besonderer Dank gilt Professorin Dr. Anne Walter von der Hochschule Fulda und Professor Dr. Andreas Fischer-Lescano von der Universität Kassel für ihre sehr gute Betreuung und Unterstützung.“
Thema entwickelte sich aus der Praxis
Das Thema war auf Basis der Erfahrungen entstanden, die Jasmina Jurasik als Sozialarbeiterin in der Wohnungslosenhilfe sammelte. Hier traf sie immer wieder auf Menschen ohne Aufenthaltsstatus. “Viele von ihnen arbeiten, beispielsweise auf Baustellen oder in der Reinigungsbranche, und könnten eigentlich gut integriert sein. Aber sie leben in einem Parallelsystem“, erläutert sie.
So haben die Betroffenen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Anspruch auf medizinische Versorgung. Allerdings müssen sie in der Regel einen Behandlungsschein beim Sozialamt beantragen. Und da das Sozialamt verpflichtet ist, irreguläre Migrantinnen und Migranten an die Ausländer- oder Polizeibehörde zu melden, heißt das: Für Menschen ohne Aufenthaltsstatus ist das Recht auf medizinische Versorgung nur mit der Gefahr einer Abschiebung wahrzunehmen.
Verstoß gegen Verfassungs-, Unions- und Völkerrecht
In ihrer preisgekrönten Arbeit kommt Jasmina Jurasik zu dem Ergebnis, dass sich das Recht auf medizinische Versorgung aus dem Verfassungs-, dem Unions- sowie dem Völkerrecht ergibt und die Übermittlungspflicht, die einmalig in der EU ist, gegen diese Rechte verstößt. Auch zeigt die Absolventin auf, dass für Menschen ohne Aufenthaltsstatus keine Möglichkeit besteht, sich gegen den faktischen Ausschluss von der medizinischen Versorgung zu wehren, weil auch Gerichte zur Meldung verpflichtet sind und ein anonymisiertes Verfahren nicht möglich ist.
„Die Übermittlungspflicht soll der Migrationskontrolle dienen, doch wird dieses Ziel effektiv nicht erreicht“, sagt Jasmina Jurasik. Die Betroffenen gingen erst dann zum Arzt, wenn es gesundheitlich unvermeidbar sei – mit erheblichen Folgen für die eigene Gesundheit und am Ende auch höheren Kosten für die Behandlungen fortgeschrittener Krankheitsbilder. „Aus wissenschaftlicher Sicht hoffe ich, etwas Aufmerksamkeit für die Problematik des faktischen Ausschlusses von Menschen ohne Aufenthaltsstatus im sensiblen Feld der Gesundheitsversorgung geschaffen zu haben. Als Sozialarbeiterin wünsche ich mir eine zeitnahe Verbesserung der Situation für die betroffenen Menschen, die zudem auch noch oft von Arbeitsausbeutung betroffen sind.“
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