Preisträger/-innen der Obermayer Awards 2021 stehen fest
Berlin (ots)
Auszeichnung für herausragendes Engagement zur Bekämpfung von Vorurteilen in der heutigen Zeit und zur Bewahrung jüdischer Geschichte
Mit den Obermayer Awards 2021 werden vier Bürger/-innen und zwei Vereine aus Deutschland ausgezeichnet. Die US-amerikanischen Obermayer Awards werden seit 21 Jahren an Einzelpersonen oder Gruppen verliehen, die sich in der Erinnerungsarbeit für einst lebendige jüdische Gemeinden engagieren und ausgehend von den Lehren aus der NS-Zeit Vorurteile und rechtsextreme Tendenzen in der heutigen Zeit bekämpfen. Sie würdigen auch Bürgerinnen und Bürger, die die Bedeutung der jüdischen Bevölkerung für die deutsche Gesellschaft über Hunderte von Jahren aufzeigen, bevor die Nationalsozialisten ihren Vernichtungszug begannen. Ausgezeichnet wird darüber hinaus kreatives Engagement zur Bekämpfung von Vorurteilen und Rassismus (einschließlich Antisemitismus), das die Verständigung zwischen verschiedenen Gruppen fördert, um dem Aufkommen und der zunehmenden Verbreitung von Vorurteilen etwas entgegenzusetzen.
Die Preisverleihung findet in diesem Jahr am 25. Januar 2021 im Rahmen der Veranstaltungen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag im Berliner Abgeordnetenhaus ausschließlich online statt und wird ab 18:00 Uhr im Internet (auf der Website des Berliner Abgeordnetenhauses und von Widen the Circle) live übertragen.
"Die diesjährigen Obermayer-Preisträger/-innen stehen beispielhaft dafür, dass aus dem Anerkennen der dunklen Vergangenheit eines Landes die Motivation hervorgehen kann, Positives für Gegenwart und Zukunft zu bewirken", sagt Joel Obermayer, Geschäftsführer der Organisation Widen the Circle, die die Awards verwaltet.
Die Preisträger/-innen der Obermayer Awards 2021 sind:
- AKuBiZ e.V., Pirna:
- Der ehrenamtlich getragene Verein (Alternatives Kultur- und Bildungszentrum Sächsische Schweiz) engagiert sich mit kreativen Ansätzen gegen Neonazismus und Rechtsextremismus in der Sächsischen Schweiz, obwohl sich die leitenden Mitarbeiter/-innen immer wieder Gewaltandrohungen und Angriffen ausgesetzt sehen. Zu den Aktivitäten gehören geschichtliche Wanderseminare, insbesondere zu Orten des Widerstands während der NS-Zeit, und ein digitaler Atlas zur Lokalgeschichte im Nationalsozialismus. Das AKuBiz hat darüber hinaus eine innovative Comicreihe veröffentlicht, die sich mit rechter Gewalt auseinandersetzt, und engagiert sich auch gegen Zuwanderungs- und LGBTQ-Feindlichkeit. Eine vom AKuBiZ entwickelte Wanderausstellung gibt einen Überblick über das vielfältige jüdische Leben vor dem Holocaust.
- Erich-Zeigner-Haus e.V. (EZH), Leipzig:
- Der Verein sensibilisiert Jugendliche in Leipzig und Sachsen für die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte und fördert Zivilcourage gegenüber rechtsextremen Aktivitäten in der Region. Die Schüler/-innen werden dazu angeleitet, eigenständige Recherchen zum Leben von Holocaust-Opfern aus der Region durchzuführen, und organisieren anschließend Spendenaktionen für die Verlegung von Stolpersteinen sowie Gedenktafeln für Stille Helden aus dem Leipziger Rettungswiderstand. Zu den weiteren Aktivitäten gehören Workshops zu Themen wie "Bekämpfung von Antisemitismus" und "Argumentieren gegen Rechts" oder innovative Schulungen und Weiterbildungen für Lehrer/-innen.
- Elisabeth Kahn, Berlin und Augsburg:
- Die freiberufliche Pädagogin lässt die deutsch-jüdische Lokalgeschichte mit Schüler/-innen in Berlin und Augsburg lebendig werden. Sie führt Jugendliche durch Projekte, die intensive biographisch-historische Recherchen umfassen und unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen und Bühneninszenierungen integrieren. Dabei gelingt es ihr, die Lebensleistung antisemitisch Verfolgter zu würdigen und neue Perspektiven auf die Vergangenheit zu eröffnen, die gleichzeitig Diskriminierung in der heutigen Zeit sichtbar werden lassen. Auch junge Menschen mit Migrationshintergrund bekommen über die Auseinandersetzung mit konkreten Lebenswegen und eigener Diskriminierungserfahrung einen Zugang zur NS-Geschichte. Elisabeth Kahn ist Gründungsmitglied des Vereins "Tanz Theater Dialoge", in dem sich seit 2009 Künstler/-innen und Pädagog/-innen verschiedener Disziplinen in pädagogischen Projekten engagieren, auch im Kontext der Verbindung von Geschichte und aktuellen Lebenswelten.
- Friederike Fechner, Stralsund:
- Die professionelle Cellistin ist die treibende Kraft in Stralsund, wenn es um die Dokumentation der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde und die lokale Gedenkarbeit geht. Sie hat auf ehrenamtlicher Basis umfassende Recherchen zur 300-jährigen Geschichte der jüdischen Kaufmannsfamilie Blach durchgeführt, der ursprünglich ein später vom Ehepaar Fechner erworbenes Haus gehört hatte. Sie ist Gründerin der "Initiative zur Erinnerung an jüdisches Leben in Stralsund" und hat eine Reihe von Gedenkinitiativen auf den Weg gebracht, darunter die Vervollständigung der Stolpersteine und Konzerte mit Werken jüdischer Komponisten. Darüber hinaus ist es ihr gelungen, Kontakte zwischen Nachfahren Stralsunder Juden zu knüpfen, die in der ganzen Welt verstreut leben.
- Volker Keller, Mannheim:
- Seit vier Jahrzehnten setzt sich der pensionierte Lehrer und Schulrektor dafür ein, die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Mannheim nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. In den 1990er Jahren recherchierte er mit einer Gruppe von Schüler/-innen und Studierenden die Namen und Schicksale der Juden aus Mannheim, die während der NS-Zeit ermordet wurden. Ihre Ergebnisse wurden in dem Gedenkbuch "Auf einmal da waren sie weg" zusammengefasst. Dies gab auch den Anstoß zur Nennung aller 2280 Namen in einer beeindruckenden Holocaust-Gedenkstätte im Stadtzentrum. In der jüngeren Vergangenheit hat Keller Gedenktafeln für "Judenhäuser" initiiert und die Geschichte der Gebäude erforscht, in denen jüdische Bürger/-innen in den Jahren der NS-Herrschaft zwangseinquartiert wurden oder Zuflucht fanden. Seine umfassenden Recherchen zu jüdischem Leben und Kultur mündeten in fünf Büchern und zahlreichen Artikeln, Führungen und Vorträgen.
- Dr. Marion Lilienthal, Korbach:
- Die Regionalhistorikerin und Lehrerin für Geschichte, Ethik und Geographie hat mit ihrem unermüdlichen Engagement dafür gesorgt, dass die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Korbach in Nordhessen ins öffentliche Bewusstsein rückte. Um junge Menschen zu erreichen, beschritt sie sehr früh neue Wege und gestaltete eine Website zur jüdischen Lokalgeschichte während der NS-Zeit ( www.gedenkportal-korbach.de), organisierte Geschichts-Workshops, Ausstellungen, Besuche von Holocaust-Gedenkstätten und andere Bildungsprogramme. Darüber hinaus hat Marion Lilienthal umfangreiche eigenständige Forschungsprojekte zur jüdischen Geschichte verfolgt und etliche Bücher, Aufsätze und Artikel zum Thema publiziert. Neben Führungen zu den Häusern ehemaliger jüdischer Bürger/-innen sind ihr auch weitere wertvolle Beiträge zur Erinnerungskultur in Korbach zu verdanken.
Hintergrundinformation:
Die Obermayer Awards wurden im Jahr 2000 von Dr. Arthur S. Obermayer (1931-2016), einem vielfältig engagierten amerikanischen Unternehmer und Philanthropen, und seiner Frau Dr. Judith H. Obermayer ins Leben gerufen. Die Verwaltung erfolgt durch Widen the Circle. Die Preisverleihung in Berlin wird durch das Berliner Abgeordnetenhaus finanziell und organisatorisch unterstützt. Co-Sponsor ist das Leo Baeck Institut (New York). Weitere Informationen zu den Auszeichnungen sowie den Preisträger/-innen der Vorjahre finden Sie unter Widen the Circle bzw. www.obermayer.us/award.
Widen the Circle verfolgt das Ziel, Vorurteilen zu begegnen, indem man ein gemeinsames Verständnis der Vergangenheit fördert. Gegenseitiger Respekt, Versöhnung und Verständigung sollen insbesondere dort gestärkt werden, wo es seit Langem zur Ausgrenzung und Verfolgung einzelner Gruppen kommt. Widen the Circle wurde 2019 als gemeinnützige Organisation gegründet und wird von der Obermayer-Stiftung unterstützt. Derzeit konzentrieren sich die Aktivitäten auf vier Bereiche: Obermayer Awards, Widen the Circle Network, Thought Leaders (Vordenker/-innen), und Bridge-Building ("Brückenbau" durch Begegnungen).
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